Ziele und Fragestellung

Bilder wirken deutlich schneller und emotional eingängiger als Text, sowohl in der Werbung als auch in der Medienberichterstattung. Ein Grund für die zunehmende Bedeutung von Bildern ist, dass die meisten Menschen Bildern den Texten vorziehen; nur noch 20 Prozent der Leser einer Zeitung lesen über den ersten Absatz hinaus. Mitarbeitern, Kunden, Aktionären und Journalisten soll ein möglichst einheitliches und positives inneres Bild vermittelt werden, die Adressaten sollen mit Bilderwelten sofort den richtigen Absender assoziieren. Genügen die von den Unternehmen angebotenen PR-Fotos diesen Ansprüchen, entstehen klare und deutliche innere Bilder?

Prof. Dr. Dieter Herbst, PR-Berater und Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin (Autor von „Corporate Imagery, 2004), und der Kommunikationsforscher Knut Walter, Lehrbeauftragter an der Universität der Künste Berlin, haben im Februar 2005 eine qualitative, nicht-repräsentative Studie durchgeführt und Antworten auf ihre Fragen gesucht. 30 Studienteilnehmer wurden im Hinblick auf Erinnerung und Zuordnung von Bildern der 15 umsatzstärksten DAX-Konzerne befragt.

AUSSCHNITT Medienbeobachtung hat zeitgleich eine Medien-Analyse erstellt und die Berichterstattung in 17 Entscheidermedien (Print) und TV-Nachrichten aus 12 Sendern auf die Verwendung von Bildern der untersuchten DAX-Konzerne analysiert.

Die Kombination zweier empirischer Methoden,  der explorativen und qualitativen Befragung mit der empirischen Inhaltsanalyse, ermöglicht die Formulierung begründeter Zusammenhänge zwischen Bildpräsenz – transportierter Bilderwelt – in Bezug auf Bereitstellung von Bildern durch PR und Recall-Werten und Verdichtung von Bilderwelten auf innere Werte beim Rezipienten.

Medien-Analyse von Bildern in der Berichterstattung

  • Transportieren die Medien neben den Informationen über Unternehmen auch gleichzeitig deren Bilderwelten?
  • Welcher Konzern profitiert am stärksten von diesem Bildtransport?
  • Werden von den Redaktionen bestimmte Motive bevorzugt?
  • Welche Medien arbeiten in der Berichterstattung über DAX-Konzerne am stärksten mit Bildern?
  • Können die Konzerne ihre eigenen Bilder in den Medien positionieren?
  • Bei welchen Aufhängerthemen ist eine Platzierung von konzerneigenen Bildern wahrscheinlicher?
  • Wie stark erfolgt eine Bewertung der Unternehmen durch die Bilder?
  • Welche Motive der Konzerne sind im Gedächtnis der Menschen verankert?
  • Sind bestimmte Farbwelten von Unternehmen bekannt?
  • Gibt es Bilder mit hohem Wiedererkennungswert?
  • Was zeichnet ein Foto aus, dass gut erkannt und einem Unternehmen zugeordnet werden kann?
  • Welche Bildertypen werden nicht wiedererkannt oder werden einem Konkurrenten zugeschlagen?
  • Für die vorliegende Analyse wurden 1.377 Nennungen in 1.310 Beiträgen aus 17 Printmedien und 243 Nennungen in 63 Beiträgen von TV-Nachrichten codiert.
  • Im Februar erzielte neben der Deutschen Bank, der Automobilbauer DaimlerChrysler die größte Aufmerksamkeit in den 17 Printmedien.
  • Die Berichterstattung war durch die Veröffentlichungen von Geschäftszahlen geprägt. Die Themenschwerpunkte lagen in den Bereichen Finanzen, Produkte und Mitarbeiter.

 

Qualitative Befragung: Die Bilderwelten der 15 umsatzstärksten DAX-Konzerne

Bild-Analyse

  • Die Mehrheit der Beiträge, in denen die ausgewählten DAX-Konzerne in mehr als einem Absatz thematisiert wurden, ist im Februar ohne Bilder ausgekommen. Bei unter einem Drittel verzichteten die Redaktionen aus Print- und TV-Medien auf Bilder der beschriebenen Konzerne.
  • In der Berichterstattung über BMW griffen die Medien am stärksten auf Bilder zurück. Fast 40 Prozent der Beiträge über den Automobilbauer zeigten auch ein Bild. BMW-Bilder erreichten über diesen Weg am stärksten die Öffentlichkeit.
  • Bei fast 90 Prozent aller Bilder ist die Quelle unternehmensfremd. Hier dienen mit einem Drittel weiterhin die Nachrichtenagenturen als größte Bild-Zulieferer der Medien.
  • Vor allem bei Forschungsthemen ist ein stärkeres Zugreifen der Journalisten auf das von den Unternehmen bereit gestellte Bildmaterial zu erkennen.
  • Im Gegensatz zu den Printmedien, die agenturgebunden sind, greifen die TV-Nachrichten wesentlich stärker auf das Bildmaterial der Konzerne zurück. Dabei machen sich besonders bei den privaten TV-Sendern die Sparmaßnahmen bemerkbar.
  • Wenn Medien Unternehmen in ihrer Berichterstattung mit Bildern zeigen, setzen sie besonders auf die Karte Personalisierung. Fast die Hälfte der bebilderten Beiträge (43,51%) ist mit einem Bild eines Unternehmensangehörigen – vornehmlich dem des CEO – versehen.
  • Weniger als ein Viertel aller Bilder (21,97%) zeigen ein Logo.
  • Die Wahrnehmung des Deutsche Bank-Logos in der Öffentlichkeit wird über die Berichterstattung in den Medien am stärksten unterstützt. Jedes dritte Foto zeigt auch das Logo des Bankhauses.
  • Deutlich seltner ist das Logo in den Beiträgen über die Automobilbauer DaimlerChrysler (11,9%) und BMW (18,8%) sichtbar. Diese profitieren aber von den Produkt-Abbildungen als „Logoersatz“.
  • Redaktionelle Kritik wird kaum über Bilder transportiert. Die abgebildeten Personen werden in ihrer Gestik und Mimik überwiegend freundlich oder neutral gezeigt, extreme Posen oder unvorteilhafte Mimik sind kaum sichtbar.
  • Die Motivauswahl zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen den Print- und TV-Redaktionen: Im Fernsehen greifen die Journalisten zu einem deutlich größeren Anteil auf Logos zurück. Hier spiegelt sich auch der höhere Einsatz konzerneigener Bilder wider.
  • Negative Wertungen auf der Bildebene erfolgen fast ausschließlich über offensichtlich karikierende Fotomontagen oder über die Bildüber- und Unterschriften (Wertende Bildtexte).

 

Summary der Qualitativen Befragung

Spontane innere Bilder

  • Ein deutliches inneres Bild entsteht nur bei wenigen Unternehmen, vor allem zur Telekom, der Deutschen Post World Net, BMW und Daimler Chrysler.
  • Innere Bilder, die aus der Werbung erzeugt wurden, sind zum Teil überholt (Robert T-Online).
  • Bei der Erinnerung an die Fotos schnitten jene am besten ab, die das Firmenlogo zeigten (SAP, DHL, Mercedes-Stern, Telekom).
  • Sehr schlecht schnitten Fotos ab, die unscharfe oder austauschbare Motive zeigten.
  • Besonders schwer fiel den Studenten die Zuordnung der gezeigten PR-Fotos von den Internetseiten: Nur in jenen wenigen Fällen gelang dies, bei denen ein inneres Bild vom Unternehmen vorhanden war, wie zur Telekom, der Deutschen Post World Net und BMW.

 

Fazit der Medien-Analyse und der Qualitativen Befragung

Die Entscheidermedien behalten in ihrer Berichterstattung über DAX-Konzerne in Hinblick auf die Bildauswahl die Zügel fest in ihrer Hand. Oder sollte man sagen: Sie vertrauen eher auf die Bilder, die von den Agenturen geliefert werden. Im Gegensatz zu den Textinhalten, wo die Unternehmen durch aktive Pressearbeit bereits Inhalte zur Berichterstattung „liefern“, stehen die PR-Abteilungen bei den für die Öffentlichkeit immer wichtiger werdenden Bildern hinten an. Im Februar konnte ein Konzern nur bei sechs von 100 Bildern als Quelle in Erscheinung treten und so das „Unternehmens-Bild“ über die Medien in die Öffentlichkeit tragen. Ein solcher Share of Voice wäre bei der Textberichterstattung für die PR-Verantwortlichen beim Thema der alltäglichen Unternehmensberichterstattung undenkbar.

Doch welche Kriterien können die Unternehmen bei der Bereitstellung ihrer Bilder beachten, um journalistisch Maßstäben gerecht zu werden?

Zum einen sind die Aufhängerthemen von Bedeutung: Nicht alle Themen benötigen einen bestimmten Typus von Bild, wie etwa bei Produktberichterstattung. Gerade bei Finanz- oder Aktienthemen sind die Medien an der Vielfalt von professionell erstellten Bildern auf dem gesamten Spektrum des Konzerns interessiert. Dennoch werden die Medien, auch in finanziell angespannten Zeiten, keine Fotos mit großem Werbecharakter den Agenturfotos vorziehen. In Nischenbereichen der Berichterstattung wie z.B. der Forschung und Entwicklung sind gerade die Medien, die auf Hintergrundberichte setzen, auf die Zulieferung von Bildmaterial durch die Konzerne angewiesen. Hier können die Unternehmen – schon in der Menge der angebotenen Bilder – klar den Agenturen überlegen sein.

Die Studie können Sie bei mir kostenlos anfordern