Auszug aus meinem Buch „Bilder, die ins Herz treffen“, das 2013 im Falkenberg Verlag erschienen ist
Was fällt Ihnen spontan ein, wenn sie an Greenpeace denken? Sicher die Geschichte des kleinen Schlauchbootes, das gegen den großen Öltanker kämpft. David gegen Goliath. Solche Geschichten fallen auf, sie informieren uns, sie lösen Gefühle in uns aus und wir erinnern uns besonders gut und gern an sie.
Schon von Kindesbeinen an lernen wir die Welt durch Geschichten kennen, die wir auf dem Schoß unserer Eltern und Großeltern gehört haben. Wir erfahren, welche Konflikte es in der Welt gibt und nach welchen Regeln Menschen diese Konflikte lösen. Wir lernen das Muster, dass das Gute das Böse besiegt. Wir erfahren, dass sich Hässliches in Schönes wandeln kann, wie der Frosch, der zum Prinzen wird. So lernen wir weit mehr als das eigentlich Gehörte.
Später in unserem Leben rufen wir die Muster aus Geschichten unbewusst ab und prüfen, ob wir mit ihnen etwas einordnen und eigene Probleme lösen können. Ein Beispiel ist der Amerikanische Traum, vom Tellerwäscher zum Millionär, der viele Menschen dazu gebracht hat, in die USA auszuwandern und dort ihr Glück zu suchen.
Auch Organisationen lernen wir am besten kennen, wenn sie uns ihre Geschichte erzählen und vor allem, wenn wir sie sehen können: Konkrete Bilder überzeugen stärker als allgemeine Bildaussagen, zum Beispiel lächelnde Menschen. Geschichten sind besonders gehirngerecht, weil sie bildhaft, bewegungsnah und anschaulich sind. Sie wollen nicht möglichst viele Informationen über die Organisation vermitteln, sondern Schlüsselinformationen, durch die Menschen entscheiden können, die Organisation zu unterstützen oder nicht. Über die reinen Fakten hinaus erzählen sie, was der Organisation wichtig ist, was ihr Denken, Fühlen und Handeln bestimmt und wie es eine einzigartige Belohnung bietet.
Wie wichtig Geschichten für uns sind, zeigt sich darin, dass wir eigene neuronale Netzwerke haben, die auf Geschichten spezialisiert sind – Gedächtnisforscher sprechen vom episodischen Gedächtnis, einige nennen es auch episodisch-autobiographisches Gedächtnis. In diesem Gedächtnissystem legen wir unsere Lebensgeschichten ab, wie die Erinnerung an den ersten Schultag und den Start in unserem Unternehmen. Dieses Gedächtnissystem verfügt über enorme Kapazitäten, weil es für uns sehr wichtig ist, auf dieses umfangreiche Wissen schnell zuzugreifen. Auch die PR setzen Storytelling zunehmend ein.[ii] Grund ist, dass sich Geschichten hervorragend eignen, Fakten anschaulich, interessant und besonders glaubwürdig zu vermitteln. Wir lieben Organisationen, die uns mit einer faszinierenden Geschichten unterhalten: Geschichten über den Werdegang, deren Arbeit und deren Leistungen, Geschichten über begeisterte Kunden, Geschichten vom Erfolg. Durch diese Geschichten lernen wir die Beweggründe von Firmenlenkern kennen, deren Träume und Visionen, deren Erfolge und Misserfolge, deren Zweifel und Gewissheiten. Wir erfahren von Kundenproblemen und wie die Organisation sie löst. Kurzum: Das ist der Stoff, aus dem Geschichten gemacht sind. Sehen wir Geschichten auf den Bildern von Organisationen, wirken sie besonders stark, weil sie innere Bilder aufbauen: Amnesty International zeigt, wie ihre Mitglieder die Mitmach-Idee der Organisation umsetzen. Die Deutsche Krebshilfe erzählt von ihrem Kampf gegen diese Krankheit, in dem sie manchmal zurückgeworfen wird, dann aber wieder einen Schritt vorankommt. Gute Storys fallen auf, sind leicht verständlich und erhalten das Interesse der Bezugsgruppen. Wer hört sie nicht gern: die Geschichte von der Firmengründung in der Garage bis zum Einzug in die Wall Street? Hewlett-Packard, Microsoft und viele andere Unternehmen erzählen sie. Andere Organisationen berichten, wie sie hart für bedingungslose Qualität arbeiten, welche Hindernisse sich in den Weg stellen und wie sie diese überwinden. Vom Firmengründer Zeiss ist überliefert, dass er Mikroskope wutentbrannt auf den Boden warf, wenn sie nicht seinen Qualitätsansprüchen genügten. Von Bill Hewlett ist bekannt, dass er durch die Fabrikhallen lief, mit jedem Mitarbeiter sprach und immer eine offene Tür für sie hatte – neudeutsch „Open Door Policy“ genannt. Geschichten sind sehr ähnlich strukturiert, ob in unterschiedlichen Kulturen, zu allen Zeiten und an allen Orten. Dereren Aufbau scheint eine universelle Grammatik zu besitzen: Grundsätzlich bestehen sie aus einer Bühne, auf der Handelnde agieren. Diese Handlung ist konfliktreich, bedeutend und außergewöhnlich, denn sonst ist die Geschichte langweilig. Nach der Geschichte ist die Welt anders als zuvor. Erzählungen finden auf einer Bühne statt. Wir sehen und speichern sie gemeinsam mit dem Geschehen und den begleitenden Gefühlen und erlebten Körperzuständen ab. Dies geschieht stark unbewusst. Zur Bühne gehören Licht, Farben und die Atmosphäre, die diesen Ort kennzeichnen, wie zum Beispiel eine Idylle. Wo also finden Ihre Geschichten statt? In Ihrem Heimatland? In der großen, weiten Welt? An internationalen Börsenplätzen? Ist der Firmenchef hinter seinem aufgeräumten Schreibtisch zu sehen, in der Natur oder in einer Produktionshalle? Hierbei können Sie unterscheiden zwischen der Hauptbühne und der Hinterbühne unterscheiden. Auf der Hauptbühne agieren die Hauptpersonen, wie der Firmenchef. Auf der Hinterbühne handeln die Nebenfiguren wie im Beispiel der Mitarbeitenden in der Fabrikhalle. Praxistipp Bühne: Menschen in Geschichten können sich an einem Ort inszenieren, der ihre Bedeutung unterstreicht – Firmenchefs lassen sich gern vor ihrem Firmensitz ablichten. Wo liegt deren Büro: In einem Hochhaus? Dann befindet es sich meist im obersten Stockwerk. Wie groß ist es? Wie viele Fenster hat es? Welche Bilder hängen an der Wand? Sitzen sie hinter einem Schreibtisch? Alle diese Indizien weisen darauf hin, welchen Rang die Führungskraft in der Organisation einnimmt und wie wir ihr demzufolge begegnen sollten. Zur Inszenierung des Ortes gehört, ihn mit Requisiten auszustatten, zum Beispiel mit Symbolen. Symbole sind Zeichen, die stellvertretend für etwas stehen, wie zum Beispiel ein Logo und ein Schlüsselbild wie die Sauerstoffblasen von O2. Symbole können Dienstwagen sein oder Kunst im Büro. Solche Symbole sollten die Betrachter deuten können und positiv werten. Fazit für Ihre Bild-PR: Berücksichtigen Sie bei der Gestaltung die Orte, an denen Ihre Geschichten spielen. Legen Sie auch fest, welche Symbole an diesen Orten dazu beitragen sollen, Ihre Botschaft zu vermitteln Menschen sind nach der Bildgröße der wichtigste Wirkfaktor auf Bildern – aktivierende Personenbilder fallen uns schnell auf, wir beachten sie länger und wir erinnern uns besonders gut an sie. Sie sollten deshalb in den Bildern Geschichten über Menschen erzählen: Geschichten über Menschen in der Organisation Geschichten über Ihre Organisation sollten immer aus Erzählungen über die Menschen dort bestehen: Sie sind essenziell, um uns ein Bild von der Organisation zu machen. Zu den Menschen in der Organisation gehören der Firmenchef, die Manager, ein Team, Mitarbeitende allgemein oder aus einem Bereich wie Forschung und Entwicklung oder der Produktion. Protagonisten sind Menschen, die Sie in Ihrem Handeln unterstützen: Kunden, Experten und Journalisten. Archetyp für den Protagonisten ist der Freund und Helfer. Antagonisten sind Menschen, die Sie hindern, Ihre Ziele zu erreichen, zum Beispiel ein Experte oder Kritiker, die sich negativ äußern. Der Archetyp für den Antagonisten ist der Feind, zum Beispiel der ärgste Konkurrent. Neben den zentralen Figuren gibt es die Platzhalter und die Nebenfiguren: Charakter der Handelnden Die Handelnden sollten Sie mit Schlüsselinformationen charakterisieren, damit sie besser einzuordnen sind: Alter, soziale Einordnung und Beziehungen der Person zu Dritten. Zentrales Element ist der Wesenszug der Person, also das, was ihr Denken und Handeln leitet – welche Bedeutung haben also die Motive Sicherheit, Entdeckung und Dominanz für die Persönlichkeit der Handelnden. Das Wesen der Person äußert sich durch ihr Handeln, das Sie auf Ihren Bildern zeigen. Sie erleichtern das Erkennen und Deuten, wenn Sie Muster zurückgreifen: Sie könten den Freund ziegen, den Berater, den Kumpel, den Partner, den Entdecker, den Erfinder, den Eroberer. Wichtig zu beachten: PR-Bilder zeigen jene Eigenschaften, die für die Geschichte bedeutend sind und die die Bezugsgruppen brauchen, um die Person sowie deren Denken und Handeln zu verstehen Handlungsebenen der Figuren Im Storytelling können wir Handelnde im Beruf erleben, als öffentliche Personen und in ihrem Privatleben. Als öffentliche Personen erleben wir Menschen in den Massenmedien mit den Lebenspartnern, gemeinsam mit Kollegen, Freunden und Bekannten. Geschichten über das Privatleben spielen sich in „Home Stories“ ab, die in den vergangenen Jahren enorm zugenommen haben. Sie gewähren uns einen Einblick hinter die Fassade einer Person. Eine Person kann auf allen diesen Ebenen kongruent handeln, zum Beispiel dann, wenn sie sich sowohl im Berufsleben als auch im Privatleben als verantwortungsbewusst und sozial engagiert zeigt. Sie kann aber auch unterschiedlich handeln, zum Beispiel, wenn die „Home Story“ über den Firmenchef dessen private Seite zeigt, die dieser im Beruf weit weniger zeigen darf. Welchen Stoff behandelt die Geschichte? Was geschieht mit den Figuren? Handlungen richten sich allesamt nach dem übergeordneten Belohnungsversprechen. Viel zu oft sind Strategien von Organisationen nur Worthülsen, die nie gelebt werden. Stattdessen erzählen Geschichten von Menschen, die handeln, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Sie machen vor, was die anderen nachmachen können. Wie also verhält sich die Person, zum Beispiel der Firmenchef oder eine Führungskraft gegenüber den Mitarbeitern? Wie verhält sie sich gegenüber Kunden? Wie löst sie deren Probleme? Wie löst sie ihr Belohnungsversprechen ein? Wie verhält sie sich gegenüber Aktionären und Geldgebern? Was tut sie, um den Unternehmenswert zu steigern? Wie verhält sie sich gegenüber gesellschaftlichen Gruppen, gegenüber kulturellen Interessen, gegenüber Ökoproblemen, dem Fortschritt in Wissenschaft und Technik und dem sozialen Wandel? Geschichten in PR-Bildern können dies höchst wirkungsvoll vermitteln. Voraussetzung: Die Bilder mit den Geschichten sollten mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Tun sie dies nicht, kann dies Vertrauen kosten. Geschichten haben eine Urform, die seit jeher die gleiche ist.[iii] Sie scheint begründet in unserer Vergangenheit, in der das Finden von Nahrung überlebenswichtig für die Menschen war: Aus dieser Urform ist ein Muster entstanden, dass wir auch heute noch kennen, es ist tief in uns abgespeichert: Besonders aktivierend ist eine Handlung mit Konflikt: Der Mensch kämpft gegen Angst und Unsicherheit, gegen Eintönigkeit und Langeweile, gegen Unterlegenheit und Wut. In diesem Kampf kann sich die Person unterschiedlich verhalten. Am Ende steht das Happy End. Konflikte können sein: Der Konflikt als Kernelement muss Voraussetzungen erfüllen, damit er wirksam wird: Aus welchem Konflikt heraus handeln Sie? Dies können zum Beispiel schlechte Qualität sein, Ignoranz anderer Unternehmen gegenüber ihren Kunden, Unsicherheit und Angst, Langeweile und Unterlegenheit. Märchen und Mythen als Muster für Handlungen Das unbewusste Verstehen von Handlungen erleichtern Mythen als Urgeschichten: Die Werbung zeigt Spots und Bilder mit dem Paradies-Thema. Wir haben solche Urgeschichten schon sehr früh gelernt. Die Grundmuster bleiben, auch wenn sie immer neu umgesetzt sind. Weitere Beispiele für solche Urgeschichten sind Die Handlung besteht aus den Ereignissen, dem Geschehen und der Geschichte: Kernelemente von Geschichten
Wo: Bühne und Requisiten
Denken Sie an Ihre Organisation: Sie werden sich sofort an Orte erinnern wie die Kantine, das Labor, die Werkshalle. Nutzen Sie solche Bühnen für Ihre Geschichten Wer: Handelnde
Was: Handlungen
Urform von Geschichten
Handlungselement Konflikt
Elemente der Handlung
Checkliste: Gute Geschichten auf PR-Bildern
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