Ausführliche Version meines Beitrags im Wirtschaftsmagazin Impulse

Rothaus / Tannenzäpfle

Rothaus / Tannenzäpfle: Traditionell und doch kultig: Das Logo von Rothaus zeigt Birgit Kraft, ein blondes Schwarzwaldmädel in landestypischer Tracht, die in jeder Hand ein Glas Bier hält. Birgit Kraft ist übrigens die alemannischen Aussprache von „Bier git (= gibt) Kraft“. Die sieben Tannenzapfen stehen auf dem Kopf – der Volksmund sagt, weil die Flaschen beim Trinken auf dem Kopf stehen, dann stimmt es also wieder. Tatsächlich stammen die Zapfen von der heimischen Rottanne, die als Fichtengewächs von den Zweigen hängende Zapfen besitzt. Schwarzwaldmädel und Tannenzapfen gibt es seit  1956.

An bildhafte Logos wie dieses können wir uns besser erinnern als an abstrakte. Ein Beispiel: Wie viele Ecken hat ein Stoppschild? 6? 8? Dagegen können wir uns mühelos erinnern, wie viele Fenster unser Wohnzimmer hat.

Das Logo vermittelt Tradition. Grundsätzlich können Logos drei Motive des Menschen ansprechen: Balance/Sicherheit/Tradition (Volvo, Ricola), Entdeckung/Stimulanz (Apple, BMW) oder Macht/Dominanz (Porsche, Audi).

Gerade die Tradition verleiht der Marke Kultstatus: Zum einen profitiert sie als überregionales Bier vom Heimweh der Exil-Badener; zum anderen lieben gerade junge Leute die ironische Distanz zu den eigenen Wurzeln. Die Brauerei kultiviert diesen Trend und bietet das Badner Lied zum Download auf der Website zum Download an.

Knaus

Die Schwalben und das „Ei zum Hinterherziehen“: 1961 überraschte der Architekt Helmut Knaus die Fachwelt mit einem Wohnwagen, wie es bis dahin nicht gegeben hatte: Er war rundlich aerodynamisch, leicht, kompakt, aber trotzdem bequem. Knaus gab ihm den Namen „Schwalbennest“. Das Logo mit dem stilisierten Schwalbenpaar erfand er gleich dazu.

Die einen verhöhnten den Wohnwagen als „Ei zum Hinterherziehen“; jedoch gab es beim Schönheitswettbewerb des „Internationalen Automobilturniers“ 1961 in Bad Kreuznach dreimal „Gold“ für die Schwalbennest-Modelle „Luxus“, „Komfort“ und „Sport“. Das Wichtigste: Die Kunden kauften das kugelige Gefährt.

Das Logo erlebt 1985 eine Richtungsänderung: Die Schwalbe flieht seither von links nach rechts. In der Tat: Wir folgen in unserem Kulturkreis der Blick- und Leserichtung von links nach rechts. Logos, die in Leserichtung ausgerichtet sind, wirken dynamischer und sympathischer.

Alnatura

Von Alnatura gibt es zwei Logos: Zum einen das grüne Logo der Dachmarken, das seit 1984 unverändert eingesetzt wird; zum anderen gibt es seit 1986 das auberginefarbene Logo mit dem Zusatz (Claim) „Sinnvoll für Mensch und Erde“. Alnatura will bewusst keine Bedeutung der Logos vorgeben, es liege im Auge des Betrachters, wie er das Alnatura Logo verstehen möchte. Vermutlich möchte das Unternehmen dennoch nicht, dass wir es für kundenfeindlich, rückwärtsgewandt und chemiefreundlich halten.

Der Firmenname ist in Großbuchstaben geschrieben. Wir lernen Wörter, indem wir ihre typische Form im Wort-Form-Areal speichern. Dies ermöglicht uns, nicht jeden Buchstaben einzeln zu lesen, sondern das Wort als Ganzes. Dies funktioniert bei Kursivschrift und Fettschrift, aber nicht bei Großbuchstaben. Diese bremsen das Lesen ab um etwa 300-400 Millisekunden. Diese Erkenntnis hat sogar dazu geführt, dass die Stadt New York konsequent durchgreift: Sie befreit alle Großbuchstaben auf Straßenschildern, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Die New York Post berichtet, dass alle 205.900 Straßenschilder, die in New York seit über 100 Jahren in Versalien geschrieben sind nun ausgetauscht werden sollen. Bei einer Investition von $110 pro Schild, wird die Aktion den Staat New York etwa 27,6 Millionen Dollar kosten.

Kühne + Nagel

Kühne + Nagel – Logo gut und billig: Das Logo des Schweizer Logistikers Kühne und Nagel hat ein Design-Profi entworfen: Peter Schmidt aus Hamburg. Das Logo war Teil der Entwicklung eines international einheitlichen Unternehmensauftritts. Das alte Logo mit seiner verschnörkelten Schrift wirkte verstaubt; fatal für ein global tätiges Unternehmen, das 16000 Mitarbeiter beschäftigt und auf modernste Logistik und Transporttechnik setzt. Das neue Logo zeigt die Buchstaben K und N, daneben einen Kreis – ein Rad mit Anker – und darunter „Kühne + Nagel“. Die beiden Anfangsbuchstaben wurden genommen, weil „Kühne“ wegen des Umlautes in andern Sprachen schwierig auszusprechen ist.

Logos sind Zeichen, die stellvertretend für das stehen, was sie bezeichnen. Der Stern steht für Mercedes und ist „Ihr guter Stern auf allen Straßen“. Die Bedeutung des Mercedes-Stern haben wir aus der Werbung gelernt, das Zeichen können wir eindeutig entschlüsseln. Wir kennen die Steine von Schwäbisch Hall, und haben gelernt, dass wir auf sie bauen können. Wichtig ist deshalb, die Bedeutung des Ankers zu erläutern: Logistik nur auf dem Seeweg? Das Unternehmen als Anker“

Interessant ist die Begründung für die Wahl von Peter Schmidt als Logobauer: „Wir haben die Peter- Schmidt-Studios gewählt, weil uns der Entwurf wie auch das Verhältnis von Kosten und Nutzen überzeugten“ erklärte ein Firmensprecher in der Handelszeitung 2002.

Pelikan

Das ursprüngliche Logo (kombinierte Bild- und Wortmarke) zeigte einen Pelikan und seine Jungen. Das Logo geht zurück auf den Firmengründer Günther Wagner und das Familienwappen der Wagners.

Gut für die Wirkung eines Logos ist, dass es auf etwas Bekanntes zurück geht, in diesem Fall einen Pelikan als Tier. Die Frage ist, ob der Betrachter dem Pelikan Eigenschaften zuordnen kann und ob diese Eigenschaften den Kern der Marke transportieren. Ein Elefant kann sowohl Sympathie ausdrücken, als auch Schwerfälligkeit, eine Taube steht symbolisch auch für Frieden. Deshalb sollte sowohl die Bedeutung des Tieres eindeutig sein als auch dessen Bezug zum Unternehmen.

Wichtig für den internationalen Einsatz ist, dass die Bedeutung in anderen Kulturkreisen berücksichtigt wird. Insekten lösen in Europa eher negative Gefühle aus, in Asien eher positive. Der Storch ist in westlichen Regionen das Zeichen für neues Leben, während das Tier in Singapur mit Tod verbunden wird.

Die Entwicklung des Logos zeigt, dass die Darstellung abstrakter wurde, bis der Pelikan fast nur noch als Figur zu erkennen rar, die Jungen kaum noch. Je abstrakter ein Logo, desto schlechter ist es zu erinnern. Im Logo seit 2003 ist das Logo wieder schlichter, der Pelikan und sein Kind sind wieder deutlicher zu erkennen. Das verbessert das Wiedererkennen.

Vaillant

Hase im Ei: Vaillant zeigt eine Bild- und Wortmarke, einen Hasen. Auch der Hase kann unterschiedliche Bedeutungen haben, zum Beispiel der Angsthase. Wichtig ist, dass feststehen sollte, ob das gezeigte Tier etwas mit dem Unternehmen zu oder nicht (die Verbindung zwischen einem Krokodil und Kleidung ist nicht Offensichtich und notwendig). Sollte eine Verbindung gewünscht sein, sollte die Bedeutung kommuniziert sein.

Woher kommt der Hase im Vaillant Logo? Die Geschichte ist putzig: An einem Ostersonntagmorgen hat Johann Vaillant endlich einmal Zeit, trotz des Lärms seiner spielenden Kinder, in aller Ruhe zu lesen. Er blättert in der katholischen Monatszeitschrift „Alte und Neue Welt“ bis er bei einem Bild fasziniert innehält: Ein Osterhase schlüpft aus einem Ei. Um ihn herum stehen Zwerge und Kleintiere, die das Ereignis teils in Erstaunen, teils in Verzückung versetzt. Auch Johann Vaillant ist entzückt. Von der Zeichnung. Vor allem aber von dem Osterhasen im Ei. Diese verspielte Szene sollte der Anfang der Erfolgsgeschichte seines Markenzeichens sein. 1899 meldete Vaillant die Schutzrechte für sein Logo an; seither ziert der „Hase im Ei“ die Produkte, Kataloge und Prospekte.

Das Logo entwickelte sich stilistisch von seiner Anlehnung an den zeitgenössischen Jugendstil zur neuen Sachlichkeit im Bauhausstil. Nach 1929 erfolgt ein Re-Design: Linien und Konturen sind klarer, der Hase erscheint stilisierter; das Ei als Rahmen grenzt das Logo deutlich ein; außerdem ist es von nun an mit dem Schriftzug „Vaillant“ versehen. 1935 beginnt die Karriere des Hasen als Comic-Figur in der Werbebroschüre „Eine königliche Hasengeschichte“. Seit 2005 ist das Grün kräftiger und die Schrift moderner. Seit 2009 gibt es den Hasen in 3-D-Anmutung. Logos können und sollten sich im Zeitverlauf entwickeln, aber dennoch wiedererkennbar bleiben – dies zeigen auch die Beispiele der Logos von Nivea, Shell und Mercedes.

Ravensburger

Der Mode-Designer Bill Brass hat einmal gesagt: „Design ist Denken sichtbar gemacht“. In diesem Sinn entwickelt sich das Ravensburger Logos genau so schnell und gravierend wie das Unternehmen. Beständig blieb nur M, umschlossen vom O – das Monogramm des Gründers Otto Maier. 1974 kehrte Ruhe ein: IBM-Chefdesigner Professor Hans Köhler entwickelte das Logo  in seiner jetzigen Form – ein blaues Dreieck in der rechten unteren Ecke, der weißte Schriftzug ist entlang der langen Seite ins Dreieck eingepasst.

Das Logo ist Blau, angeblich weil dies Ruhe ausstrahlt, Vertrauen, Treue und Erholung. Jedoch gibt es kein Wörterbuch für Farben, wie dies der italienische Regisseur Pier Paolo Passolini ausgedrückt hat. Die Bedeutung, die wir ihnen zuschreiben, ist durch die Kultur und den Rahmen bestimmt, in der sie steht. Interessant ist, dass Farben nicht nur auf unser Erleben wirkt, sondern auch auf unseren Körper: Farben können aktivieren, also aufwühlen, oder deaktivieren, also beruhigen. Bei den beruhigenden Farben ist Blau vornedran, allein dass eine Tablette Blau ist, beruhigt uns schon. Aktivierende Farben sind Rot, Gelb, Orange.

Vorteilhaft an dem Logo ist, dass es sehr schlicht ist. Wie es Designpapst Kurt Weidemann fordert: Man könnte es mit der Fußzehe in den Sand kratzen. Nachteil: Das Logo kann aus sich heraus kaum Gefühle auslösen, dies müssen die PR erst aufbauen.

Fischer

Nichts zu sagen: „Leider haben wir hier kein aussagekräftiges Material“ ist aus der Pressestelle von Fischer zu hören. Interessant, denn Logos sollten Verkehrszeichen sein, die stellvertretend für das Unternehmen stehen. Sehe ich das Logo, erinnert es mich sofort an das Unternehmen, es löst die mit ihm verbundenen Gefühle aus und sogar Körperrreaktionen („Ich hatte sofort einen Stich in der Magengrube“). Das BMW-Logo ist weißgott nicht besonders sexy oder attraktiv. Es vermag jedoch – einem Lichtschalter gleich – alles Wissen, alle Gefühle und Reaktionen in uns anzuknipsen, die wir mit dem gesamten Unternehmen verbinden. Denken Sie an das Porsche-Logo: Genauso!

Das Fischer-Logo besteht aus einer Wort-Bildmarke. Der Name Fischer steht links, der Fisch rechts. Da wir visuelle Elemente eher betrachten, wandert unser Blick vom Fisch entgegen der Leserichtung nach links – was uns eher unbehagen verursacht, weil sich unsere Augen entgegen der kulturell gelernten Leserichtung bewegen. Der Bedeutung des Fisches ist unklar – wohl auch dem Unternehmen selbst – Fisch – Fischer? Oder hat der Fisch Eigenschaften, die wir auf das Unternehmen übertragen sollen, wie der schlaue Fuchs der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Offensichtlich ist das letzte Lifting schon einige Zeit her, denn die Anmutung ist aus gestalterischer Sicht doch eher rückwärts gewandt. Wann also kommt frischer Schwung in das Logo (und das Unternehmen, siehe das Zitat von Bill Brass)