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Lesen Sie gern Broschüren ohne Bilder? Surfen Sie durch das Internet und beachten nur Texte? Sicher geht es Ihnen wie den meisten Menschen: Ohne Bilder verlieren wir schnell das Interesse und langweilen uns. Wir legen die Broschüre beiseite oder klicken uns im Internet weiter.
In den PR spielen immer noch Texte die entscheidende Rolle. Jedoch ist Lesen ein Aufwand, den immer mehr Menschen scheuen – wir schauen lieber als lesen. Warum? Das geht schneller und kostet unser Gehirn weniger Energie. Jeder kennt das Gefühl bei Vorträgen: Folien mit Textwüsten überfordern und langweilen uns schnell. Starke Bilder aktivieren und wecken unser Interesse – nach einem Vortrag erinnern wir uns oft nur an die Bilder und Schlagworte.
Bilder können Gefühle wie Spaß, Glück und Stolz eindrucksvoller, lebendiger und nachhaltiger zeigen als Texte. Selbst Texte sind anschaulicher und interesssanter, wenn sie bildhaft sind. Ein arabisches Sprichwort sagt: „Ein guter Redner kann seine Zuhöhrer mit den Ohren sehen lassen.“ Texte lesen wir vor allem dann, wenn Bilder an ihre Grenzen kommen.
Bilder haben viele Vorteile
Wir ziehen Bilder vor, weil wir sie im Vergleich mit Texten wesentlich leichter wahrnehmen, verarbeiten und speichern: Bilder verarbeiten wir unbewusst Zu den wichtigsten Eigenschaften von Bildern gehört, dass wir sie stark unbewusst verarbeiten – sie wirken, ohne dass wir das Geringste mitbekommen. Sozialforscher Siegfried Frey zeigte Studierenden aus Deutschland, Frankreich und den USA 180 Filmclips von 60 Politikern aus den TV-Nachrichten der drei Länder. Die Clips enthielten kurze Redeausschnitte dieser Politiker, der Ton war ausgeschaltet. In nur wenigen Sekunden bildeten sich die Testpersonen ein reichhaltiges Urteil über die Politiker. Egal war, ob sie den Politiker kannten oder nicht. Besonders interessant war, dass die Politiker die Testpersonen sehr unterschiedlich aktivierten: Ronald Reagan schnitt sehr gut ab, ein französischer Politiker ließ die Betrachter kalt. Auf Ronald Reagan reagierten sie selbst dann sehr stark, wenn sie ihn in der anschließenden Befragung als Politiker mit bescheidenem Sachverstand beurteilten. Kein Wunder, dass sich die Berater Reagans bei Journalisten bedankten, wenn nur die Bilder stimmten. Diese Erkenntnisse lassen auch den Gerichtsprozess um Josef Ackermann in neuem Licht scheinen: Der Auftritt des Deutsche-Bank-Managers gilt gemeinhin als PR-Flop, doch tatsächlich könnte er dem Image der Deutschen Bank genutzt haben. Warum? Seinen Auftritt könnten wir unbewusst als Zeichen von Stärke und Unbeugsamkeit einschätzen: Wenn unser Geld auf irgendeiner Bank sicher ist, dann dort. Neues Öl ins Feuer war dann die Aussage, dass jene Banken ein schwaches Bild abgeben, die sich in der Finanzkrise Geld vom Staat zusagen lassen. Fazit: Die PR werden künftig wesentlich stärker unbewusste Prozesse berücksichtigen müssen, um die gesamte Wirkung von Bildern zu erfassen. [i] Nach Erkenntnissen aus der kognitiven Psychologie werden bildliche Informationen anders verarbeitet und gespeichert als sprachliche Informationen. Dies äußert sich darin, dass Bilder „leichter gelernt, behalten und wieder erkannt werden als Worte“. (Sachs-Hombach/Schirra 1999, 75; Engelkamp 1998; vgl. auch Kroeber-Riel 1993) [ii] Dies wird Bilddominanz oder „Picture Priority Effekt“ genannt. Paivio begründet diesen Effekt damit, dass sie sowohl imaginal als auch verbal und damit doppelt abgespeichert werden (vgl. Paivio 1971, Paivio/Csapo 1973) [iii] Vgl. z.B. Scheier/Held 2007 [iv] Vgl. Kroeber-Riel 1996 [v] Vgl. Kroeber-Riel/Esch 2011, S. 261 [vi] Behrens/Hinrichs 1986 [vii] Vgl. z.B. Hollbrock 1983 [viii] Schuster 2005, S. 55 [ix] Wie groß die Macht der Bilder ist, konnte der Psychologe Frank Keil belegen, der als Forscher an der Yale University arbeitet: Keil lies Elitestudenten einschätzen, wie gut sie das Prinzip verstehen, das einem Hubschrauber zugrunde liegt. Dann zeigte er einer zweiten Gruppe technische Zeichnungen dieser Gegenstände und fragte sie dasselbe. Die zweite Gruppe zeigte sich viel sicherer. Als es jedoch ans Erklären ging, versagten die Elitestudenten und kamen ins Stottern, weil sie sich überschätzt hatten. [x] Vgl. Mitchell,/Olson 1981, S. 318-332 [xi] Shepard zeigte seinen Probanden 612 Werbeanzeigen. Nach einmal Durchsehen mischte er die Bilder mit neuen. Beim anschließenden Wiedererkennen (recognition) konnten die Probanden 99 Prozent der Bilder wieder erkennen. Nach drei Monaten konnten sie immer noch knapp 60 Prozent wiedererkennen (vgl. Shepard 1967) [xii] Standing 1973 [xiii] Sachs-Hombach 2002, S. 27 [xiv] Scheier/Held 2007 [xv] Zum Beispiel belegt die Studie von Levie (1987), dass Bilder schneller Emotionen erzeugen, Einstellungen ändern und besonders glaubwürdig sind. [xvi] Rossiter/Percy 1978, 625; siehe auch die weiteren Hinweise bei Mueller, 2002, S. 123 [xvii] Siehe zum Beispiel Kroeber-Riel und Esch 2011 [xviii] Entwickelt hat diese Stufenfolge E. St. Elmo Lewis im Jahr 1889 zunächst für Verkaufsgespräche; später hat er sie auf Werbeanzeigen übertragen. [xix] z.B. gehen Scheier/Held (2007) davon aus, dass 95 Prozent der Werbekontakte quasi nebenbei statfinden. [xx] Ambler und Vakratsas sichteten 250 wissenschaftliche Publikationen zum Thema „Wie funktioniert Werbung?“ Sie kamen zu dem Ergebnis, dass das Konzept des hierarchischen Wirkungsverlaufs, dass also eine Werbewirkung der anderen folgt, empirisch nicht bestätigt werden kann! Der Autor: Prof. Dr. Dieter Georg Herbst ist Geschäftsführer der source1 networks GmbH. Er ist Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin und dort auch Leiter des Master-Studiengangs „Leadership in Digitaler Kommunikation“. Herbst unterrichtet außerdem in St. Gallen (Schweiz), Shanghai (China), San Francisco (USA), Bangalore (Indien) und Rio des Janeiro/Sao Paolo (Brasilien). Er hat 16 Bücher über Markenführung und Kommunikation geschrieben.
Starke Gefühle können Bilder auch deshalb auslösen, weil sie über das Gesehene weitere Phantasien auslösen – Experten nennen dies das dritte Auge. Blicken wir das Bild eines Porsche an, könnten wir uns vorstellen, wie unser Nachbar vor Neid platzt, wenn wir mit ihm vorfahren. Anderes Beispel: Auf einem Tisch liegen eine Perlenkette, eine Tasse mit Cappucchino und ein teurer Füllfederhalter. Sie könnten beschreiben, zu welcher Tageszeit diese Szene spielt, was davor geschehen ist und was als nächstes geschieht. Um den Betrachter zu beteiligen, sollten Sie 90 Prozent zeigen, die fehlenden 10 Prozent erschließt er sich aus eigener Phantasie. Wir sehen also Dinge, die wir nicht sehen.
[…] erinnern uns oft an den einen oder anderen Bewerber anhand seines Bewerbungsfotos – so ist das menschliche Gehirn nun […]