Erlebnisse in der Unternehmenskommunikation. Sie haben das Ziel, Unternehmen und Mitarbeitende, Kunden, Journalisten und andere Bezugsgruppen aneinander zu binden. Doch dies ist keinesfalls Alltag in den verantwortlichen Kommunikationsabteilungen.
Einstimmung
Die drei folgenden Beispiele sollen zur Einstimmung auf das Thema dienen:
- Der Journalist möchte sich auf gesicherte, belegbare Fakten auf Basis einer guten, vertrauensvollen Beziehung zum Unternehmen verlassen können; er sucht Anregendes und braucht Neuigkeiten als Grundlage seiner journalistischen Arbeit. Vielleicht ist ihm auch ein Exklusivbericht wichtig, um seine Karriere zu fördern. Ein Mix aus den Gefühlen Sicherheit, Anregung und Macht bestimmt sein Denken, Fühlen und Handeln – und seine Entscheidungen, an welche Unternehmen er sich wendet.
- Ein qualifizierter Stellensuchender möchte einen sicheren Arbeitsplatz in einem guten Betriebsklima. Die Arbeit soll interessant und spannend sein und womöglich beruflichen Aufstieg ermöglichen. Mit diesen Erwartungen tritt er bei seiner Bewerbung an das Unternehmen heran.
- Ein Investor erwartet eine gewisse Sicherheit bei seiner Geldanlage (wenn auch diese von Person zu Person unterschiedlich sein kann) und er möchte eine hohe Rendite erzielen. Er wird das Unternehmen daraufhin prüfen. Hat er ein gutes Gesamtgefühl, erlebt er das Unternehmen stimmig, wird er die Aktie investieren.
Diese drei Beispiele zeigen, dass Entscheidungen von Bezugsgruppen getroffen werden anhand von Fakten, Gefühlen und sogar einem körperlichen Wohlbefinden wie einem guten Bauchgefühl. Dieser Beitrag untersucht, ob und in wieweit die Unternehmenskommunikation Entscheidungen von wichtigen Bezugsgruppen unterstützen und zugunsten des eigenen Unternehmens lenken kann.
Fakten, Gefühle und Erlebnisse in der Unternehmenskommunikation
Kernfragen der Unternehmenskommunikation
Unternehmenskommunikation, also interne Kommunikation, Marktkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations, PR), will Bekanntheit und Image des Unternehmens gestalten. Kernfragen sind:
- Wie kann das Unternehmen bestmöglich seine Bezugsgruppen informieren?
- Wie kann es erklären, was es leistet?
- Welche Kernbotschaften sollte das Unternehmen vermitteln?
- Was kann das Unternehmen tun, wenn Informationen die Empfänger nur lückenhaft oder verzerrt erreichen?
Doch sind diese Fragen ausreichend und zeitgemäß?
Wer einen Blick in die Fachliteratur und die Praxis wirft, dem wird auffallen, das Unternehmenskommunikation stark auf das Vermitteln von Informationen reduziert wird. Einige Beispiele:
- Interne Kommunikation: Hier steht der Informationsstand der Mitarbeitenden im Vordergrund nach dem Motto:«Informieren Sie doch mal die Mitarbeiter darüber, dass…». Wie die Mitarbeitenden die Informationen bewertet und was sie über die Fakten meinen, wird oft nicht erhoben (Herbst 2014).
- Public Relations: Zu oft noch gilt die Überzeugung, dass die PR Sachinformationen durch Texte vermittelt, dagegen die Werbung durch Bilder emotionalisiert. Doch diese Trennung ist falsch und unsinnig (Herbst 2004); Informationen und Emotionen sind nicht zu trennen.
- In der Marktkommunikation wird der Markenwert oft nur nach kognitivem Wissen ermittelt:«Unberücksichtigt bei der Konzeptualisierung des Markenwertes bleibt jedoch der emotionale Wert einer Marke«(Herrmann/Stefanides 2010: 132). Eine Aufarbeitung der Literatur zur Rolle von Emotionen legt jedoch nahe, dass der emotionale Wert einer Marke einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung ausübt und damit letztlich auch in großem Maße in den Markenwert einzahlt.
Abstrakte und austauschbare Botschaften
Ein weiteres Problem: Unternehmen verwenden häufig die gleichen, austauschbaren Begriffe wie«innovativ»,«kompetent»,«kundenfreundlich» und:«Wir sind der Partner an Ihrer Seite». Das Problem ist, dass sich die Bezugsgruppen unter diesen Begriffen wenig oder gar nichts vorstellen können und mit ihnen keine guten Gefühle oder gar Erlebnisse verbinden. Die Begriffe sind abgenutzt und aktivieren nicht. Abgrenzen vom Wettbewerb ist auch nicht möglich, weil alle Konkurrenten ebenfalls diese Begriffe verwenden. Die Unternehmenskommunikation steht daher vor der großen Herausforderung, abstrakte Begriffe in anschauliche Bilder über- setzen zu müssen.
Fakten und Gefühle
Denken und Fühlen gehören zusammen
Gewiss, das Vermitteln von Fakten ist wichtig; doch ist Denken sehr stark mit Fühlen verbunden. Jede Information wird immer danach bewertet, ob sie wichtig ist und ob sie positive oder negative Konsequenzen für den Menschen hat. Diese Prüfung übernimmt, das limbische System, das die Gefühle des Menschen steuert. Die weltweit renommierten Forscher Davidson und Begley schreiben:«In Wirklichkeit aber überschneiden sich die Systeme des fühlenden Gehirns oft mit denen des rationalen, denkenden
Und Thomas Knieper schreibt:«Auch wenn man Botschaften hundertmal wiederholt, werden sie nicht beachtet, sofern sie nicht in der Lage sind, einen emotionalen Eindruck zu hinterlassen. Dies gilt für alle Vorschriften, Hinweise, Lustquellen, Nachrichten – sie werden so lange ohne Wirkung bleiben, solange sie nicht gleichzeitig mit einem ‹affektiven Stempel› oder ‹Imprint› versehen werden» (Knieper 2001: 119).
Fakten werden also immer auch emotional bewertet, damit der Mensch weiß, ob sie für ihn wichtig sind und welche Konsequenzen sie für sein Handeln haben. Aufgrund umfangreicher neuer Erkenntnisse aus der Forschung, die wir im Weiteren erläutern möchten, sollten Unternehmen ihre Themen viel stärker erlebbar gestalten und dies zur Basis ihrer Kommunikationsstrategie machen. Unternehmenskommunikation bedeutet das Unternehmen und seine Marken erlebbar machen.
Erlebnisse in der Unternehmensommunikation
Erlebnisse sind Bündel von Gefühlen (Kroeber-Riel et al. 2009: 138 f.; Esch/Stenger 2008; Scheier/Held 2007; Herbst/Musiolik 2015). In den vergangenen Jahren ist die erlebnisorientierte Ansprache der internen und externen Bezugsgruppen für die Unternehmenskommunikation enorm wichtig geworden. Einige Gründe:
- Markt: Viele Produkte sind in Beschaffenheit und Funktionalität austauschbar. Qualität setzen Konsumenten als selbstverständlich voraus: Die Stiftung Warentest bewertet derzeit 90 Prozent aller Produkte mit dem Testurteil gut (Kroeber-Riel/Esch 2011). Aufgrund dieser Austauschbarkeit spielen die konkreten Produktdaten eine immer geringere Rolle. Der Aufbau und die Entwicklung eines spezifischen Erlebnisprofils, das die Verbraucher anspricht und kaufauslösend wirkt, entwickeln sich zum einzigen Unterscheidungskriterium und damit entscheidenden Wettbewerbsfaktor, wie das Beispiel der Automobilindustrie zeigt.«Je stärker das emotionale Markenerlebnis ist, desto gewichtiger ist der Einfluss auf den Urteilsbildungs- und Entscheidungsprozess. Unter Umständen kann eine starke Marke die Auseinandersetzung mit anderen, nicht-affektiven Markeninformationen vollkommen unterminieren» (Herrmann/Stefanides, 2010, 136). Aufgrund auch eigener Studien gelangen sie zu dem Fazit:«Ziel des Markenmanagements sollte es sein, langfristig eine hohe Markenemotionalisierung anzustreben beziehungsweise zu pflegen» (a. a. O.: 142).
- Unternehmen: In den vergangenen Jahren hat für die meisten Mitarbeiter die Arbeitslast enorm zu- genommen, nicht jedoch der Spaß und die Befriedigung durch die Arbeit. Eine Studie von Gallup zeigt, dass 2014 nur 15 Prozent der Arbeitnehmer eine starke emotionale Bindung an ihr Unternehmen haben, 70 Prozent eine geringe und 15 Prozent keine emotionale Bindung (Gallup 2014). Die stärkere Ansprache der Gefühlswelt der Mitarbeiter kann beitragen, die Zufriedenheit mit der Arbeit und die Identifikation mit dem Unternehmen zu steigern. Fazit: Eine stärkere emotionale Ansprache setzt bei den Mitarbeitern zusätzliche Energien frei, die das Unternehmen nutzen kann, um seine Leistung zu steigern (Herbst 2003).
- Gesellschaft: Die Bedeutung von Werten hat sich in den vergangenen Jahren verschoben – Disziplin und Entsagung treten zurück zugunsten von Spaß und Erlebnis, zum Beispiel in Form von Sport, Reisen und Wellness (Schulze 2000). Erlebnis ist das Schlüsselwort in der Freizeitforschung, stellt der Freizeitforscher Horst Opaschowski (2000) fest.
Insgesamt scheint für den Erfolg der Unternehmenskommunikation in allen Branchen essenziell geworden, ein einzigartiges Erlebnisprofil für Unternehmen und Produkte aufzubauen und an die internen und externen Bezugsgruppen zu vermitteln. Hierauf weist auch die weiter steigende Zahl von erlebnisorientierten Veranstaltungen hin, wie zum Beispiel Kundenfeste, Produktpräsentationen, Händler-Events und Unternehmenstheater. Je erlebnisreicher das Unternehmen, desto stärker die Bindung zu den Bezugsgruppen. Als Grundanforderung formulieren daher Kroeber-Riel/Esch:«Biete mit Deinem Angebot emotionale Erlebnisse und Erfahrungen, die einen attraktiveren Beitrag zum Lebensstil der Abnehmer leisten als die Konkurrenzangebote» (Kroeber-Riel/ Esch 2011: 120)
Erfolgreiche Unternehmen wecken vielfältige Gefühle, sie erzählen Geschichten, zeigen wirkungsvolle Bilder, lassen das Unternehmen hautnah auf Events und Messen erleben und berühren Menschen. Menschen lieben sie und ziehen sie anderen vor wie die Beispiele von IKEA, BMW und Apple zeigen. Aber auch klein- und mittelständische Unternehmen können von ihren Kunden geliebt, von Journalisten geschätzt und von Geldgebern hofiert werden. Erlebnisse scheinen also Entscheidungen zugunsten des Unternehmens zu beeinflussen.
Wie dies konkret geschieht, lesen Sie in Teil 2.
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