Digitalisierung und Unternehmenskommunikation: Durch Digitalisierung entstehen völlig neue Kundenerlebnisse, neue Geschäftsmodelle, neuartige Produkte und Leistungen. Auch die Beziehungen des Unternehmen zu seinen wichtigen Bezugsgruppen ändern sich in Zeiten von Info-Portalen, Suchmaschinen und Social Media.
Der Wandel betrifft auch Management, Leadership und unsere Unternehmenskommunikation: Alles, was Computer erledigen können, wird automatisiert – Routinearbeiten und das Organisieren von Tagesabläufen übernehmen mehr und mehr Software-Programme. PR-Manager werden für das Schwierige gefragt sein, für das Maßgeschneiderte, das Konzeptionelle und Spezielle. PR-Profis werden gebraucht für das, was der Computer nicht kann: Beziehungen herstellen und entwickeln, Intuition durch langjährige Erfahrung nutzen und einzigartige Erlebnisse bei Mitarbeitenden, Kunden, Journalisten und Geldgebern aufbauen.
Kommunikation wird komplexer
Durch die Vernetzung von Geräten, Anwendungen und Inhalten wird die Kommunikation immer stärker medienübergreifend stattfinden. Der User liest die Zeitung, nutzt parallel seinen Laptop und sein Smartphone. Mit dieser Komplexität nicht genug: Der digitale Raum ist zunehmend mit dem Raum außerhalb digitaler Medien verbunden, zum Beispiel durch digitale Hinweisschilder (Digital Signage) und animierte Häuserwände im Stadtbild.
Die Planung und der Einsatz unserer Mittel und Maßnahmen werden wesentlich komplexer. Hierfür sind besondere Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich für die Mediaplanung, für Inszenierung und Dramatisierung von Inhalten. Essenziell ist zum einen die genaue Kenntnisse der Wünsche unserer Bezugsgruppen an die Kommunikation mit uns, deren Mediennutzung sowie deren Anforderungen an die Gestaltung von Inhalten und deren Darbietung.
Künftig wird es also darum gehen, unsere User anzuregen, unsere Inhalte in sozialen Netzwerken weiterzugeben. Anders ausgedrückt: Wir stoßen an, der Rest geschieht eigenständig durch Mund-zu-Mund-Propaganda („Word of Mouth“).
Unternehmenskommunikation jederzeit und überall verfügbar
Wichtig für unsere Unternehmenskommunikation ist, dass die Inhalte nahezu unbegrenzt jederzeit und überall verfügbar sind. Für die Verfügbarkeit in den Unternehmenskommunikation sind mobile Endgeräte ganz wichtig geworden: Laut Statista.com haben in Deutschland neun von zehn Haushalten ein Handy. Neue mobile Endgeräte kommen hinzu wie die SmartWatch und Wearables. Auch die Entwicklung zu Smart Living wird die weitere Ausbreitung unterstützen, wie wir es im Bereich Mobile Health sehen.
User können immer und überall E-Mails checken, im Internet surfen, Unternehmen und deren Marken vergleichen und sich online bewerben. Zuhause auf der Couch ersetzt das Tablet immer häufiger das klassische Notebook. Je nach Situation und Stimmung wählt der User sein Endgerät, die Anwendungen und Geschichten. Mobile Endgeräte begleiten den User durch seinen Tag – in der Eisenbahn, in der Vorlesung, sogar auf der Toilette. Im Gegensatz zu Laptop und PC ist das Smartphone im Alltag fast immer dabei, meist eingeschaltet und mit dem Internet verbunden.
Mobile Kommunikation ermöglichen uns, auf einem Tag der offenen Tür mobile Geschichten zu erzählen, also Location Based Storytelling: im Foyer von der Gründung des Unternehmens, im Forschungslabor vom neuesten Produkt, in der Produktion von der herausragenden Qualität dieses Produkts.
Verfügbarkeit heißt aber auch, dass wir schneller reagieren müssen, um aktuell zu sein – vor allem in den Social Media. Unsere Bezugsgruppen erwarten heute das schnelle und individuelle Eingehen auf Wünsche und Fragen, Transparenz über das Unternehmen und dessen Produkte und sogar die Beteiligung an neuen Produkten und der Kommunikation. Hierfür sind häufig auch andere Prozesse, Strukturen, Rollen und Verantwortlichkeiten erforderlich.
Durch Interaktivität aufeinander reagieren
Zu den Besonderheiten digitaler Medien und Technologien gehören die hier möglichen Interaktivitäten.
- Austausch: Maschinen – Maschinen: Durch Integration und Vernetzung können sich Bausteine wie Geräte, Technologien aufgrund gemeinsamer Standards austauschen. Sie kommunizieren untereinander, auch wenn der User diese Interaktion auslöst.
- Austausch: Menschen – Maschinen: Digitale Medien reagieren auf den User – dieser bestimmt Art, Inhalt, Zeitpunkt, Dauer, Folge und Häufigkeit seines Abrufs. Inhalte passt er seinen Interessen, Wünschen und Bedürfnissen an; er wählt Bausteine wie Geräte, Technologien, Dienste und Medienobjekte. Durch diese vom User gesteuerte Kommunikation kann dieser Inhalte nach der Wichtigkeit für ihn auswählen und in der gewünschten individuellen Breite und Tiefe verfolgen.
- Austausch: Maschinen – Menschen: Aus wiederkehrenden Handlungen des Users lernen wir, was dieser mag und wie er sich verhält, um die Inhalte auf den Gesprächspartner abzustimmen – schon heute lassen sich Mimik, Gestik und Emotionen des Users feststellen und für die Inhalte berücksichtigen. Künftig werden Bots (Chatbots) eine wichtige Rolle für den Dialog spielen. Bots sind textbasierte Dialogsysteme, die Kunden in allen Standardanfragen schneller und effizienter unterstützen können. Google arbeitet daran, die Chatbots mit einer eigenständigen Persönlichkeit auszustatten. Der User wird also künftig mit seinem persönlichen Chatbot kommunizieren. Dieser lernt, immer intelligenter und individueller zu reagieren – sie übernehmen die Funktion des persönlichen digitalen Assistenten. Viele Routine-Tätigkeiten werden durch den Einsatz von Chatbots in der digitalen Unternehmenskommunikation überflüssig.
- Austausch Menschen – Menschen: In digitalen Medien reden Menschen miteinander. Reden wir mit unseren Bezugsgruppen, kann eine persönliche Beziehung entstehen und wachsen – Grundlage für Vertrauen. Warum? Weil unser Austausch das erlebte Risiko des Users verringert, von unserem Unternehmen enttäuscht zu werden. Aus Sicht des Gehirns ist Vertrauen das Gegenteil von Angst. Dies erreichen wir durch alles, was Unsicherheit und Bedenken abbaut, vor allem klare, transparente Kommunikation, das Eingehen auf den User, Selbstverpflichtungen. Durch die neuen, vielfältige Möglichkeiten können wir direkt mit Menschen sprechen und bisherige Gatekeeper umgehen.
Zeitgleiches Monitoring
Wir können früh Rückschlüsse auf Erlebniswünsche, Motive, Zufriedenheit und Aktivitäten ziehen – digitale Tools ermöglichen uns zeitgleiches Monitoring. In unseren digitalen Unternehmenskommunikation können unsere User für sich zugeschnittene Geschichten erleben, selbst entwickeln, teilen und kommentieren. Sie äußern ihre Meinung, stellen Fragen. Sie können eine Nachricht an den Autor senden und Details anfordern und vorschlagen, wie die Geschichte weitergehen soll.
Austausch und Vernetzung durch Social Software
Social Media beeinflussen immer häufiger Meinungen und Entscheidungen von Bezugsgruppen über Unternehmen und wirken sich damit direkt auf den unternehmerischen Erfolg aus. Selbst 1:1-Kommunikatioon ist möglich – über Internettelefon, Videokonferenzen und Awareness-Software, die anzeigt, wer gerade online ist. KMUs sind hier gegenüber den Großkonzernen im Vorteil weil sie schneller, flexibler und persönlicher agieren können. Das persönliche Gespräch ist für das Entstehen von Vertrauen essenziell und lädt das Unternehmen emotional auf.
Social Media scheinen somit die perfekten Kanäle für die Gestaltung von Beziehungen zu sein:
- Das Unternehmen nutzt Kanäle, die bereits existieren,
- enorme Reichweite,
- hohe Nutzung,
- viele aktive Nutzer suchen nach Unternehmensinformationen.
Zu klären sind die Fragen:
- Mit wem will ich reden?
- Wo finde ich diese Menschen
- Wie oft spreche ich mit ihnen
- Wann und wie oft spreche ich mit den Menschen
Resonanz messen
Um zeitnah und adäquat reagieren zu können, setzen immer mehr Unternehmen auf kontinuierliches Social Media Monitoring. Je mehr Unternehmen selbst aktiv werden, desto wichtiger wird die Messung der Resonanz. Die Resonanz muss nicht notwendigerweise direkt im Kontext unserer eigenen Beiträge auftauchen – auch losgelöst können User über unser Unternehmen diskutieren.
Immer wichtiger wird auch der Blick auf die Aktivitäten unserer Wettbewerber im Social Web. Wie sehen Best Practices aus und welche Punkte können für die eigenen Maßnahmen übernommen werden?
Kernfragen:
- Findet regelmäßiges Monitoring statt, um über die Diskussionen informiert zu bleiben?
- Auf welchen Kanälen wird über das Unternehmen diskutiert wird und auf welchen noch nicht?
- Wird der Erfolg einzelner Maßnahmen durch Kampagnen-Trackings gemessen?
- Entsprechen die erreichten Interaktionen quantitativ und qualitativ den Zielen?
Die erfolgreiche Nutzung von Social Media durch Unternehmen ist eine kompakte Managementaufgabe, die wir nicht mit ein paar Mausklicks bewältigen können, die wir aber systematisch entwickeln können. Social Media warten nicht.
Gemeinschaften im Netz bilden
Communities könnten für uns sehr nützlich sein:
- Wir lernen die Bezugsgruppen, deren Interessen, Wünsche und Bedürfnisse besser kennen.
- Gemeinsam können wir Themen entwickeln.
- Gemeinschaften fördern die Verbundenheit und das Entstehen von Vertrauen zwischen allen Beteiligten und schaffen damit die Grundlage für eine langfristige Beziehung zu unseren Bezugsgruppen.
Unternehmen sollten daher sorgfältig prüfen, ob sie eine eigene Community aufbauen sollten.
User als Mitgestalter einbeziehen
User können sogar Mitgestalter sein und quasi von außen ihre Wünsche, Ideen und Vorschläge zur Unternehmenskommunikation beisteuern (Outside-in-Prozesse). Dies geschieht zum Beispiel über digitale Beiräte und Plattformen für „Crowdsourcing“. Ziel: Bezugsgruppen in die Unternehmensprozesse einzubeziehen. „Open“ bedeutet nicht unbedingt die völlige Transparenz, sondern Öffnung zur Bereicherung und Optimierung. Auf dieses Instrument soll nachfolgend ausführlicher eingegangen werden.
Crowdsourcing bedeutet, dass eine Gruppe Freiwilliger – die sogenannte „Crowd“ ein Anliegen bearbeitet. In den Unternehmenskommunikation kann dies eine Kampagne sein, ein Logo, ein Imagefilm. Genutzt wird hierbei die Webtechnologie als Treiber und die Erkenntnis, dass Gruppen klüger sind als Einzelne, die „Weisheit der Masse“. Der Begriff Crowdsourcing stammt vom amerikanischen Journalisten Jeff Howe, der für das Wired Magazine schreibt. Crowdsourcing bezeichnet die Auslagerung von Ideenfindung und Kreativprozessen an die externe Crowd, also eine Menschenmenge außerhalb des Unternehmens.
Fazit
Digitale Medien bieten einzigartige Potenziale für die Gestaltung von Beziehungen zu wichtigen Bezugsgruppen:
- Besseres Verständnis: Durch den direkten Austausch können Unternehmen mehr über ihre Bezugsgruppen, deren Bedürfnisse und Verhalten erfahren. Dies bildet die Basis zur Optimierung der Unternehmenskommunikation.
- Unterscheidung im Wettbewerb: Durch einzigartige Beziehungen zu seinen Bezugsgruppen kann sich das Unternehmen dauerhafte Wettbewerbsvorteile verschaffen. Beziehungen sind nicht kopierbar.
- Starke, emotionale Bindung zum Unternehmen: Durch Fürsorge, spannende Angebote, passgenaue Leistungen und den Austausch mit Vertretern des Unternehmens fühlen sich die Bezugsgruppen wohl, sie sind angeregt und fühlen sich stärker. Formulieren Sie ein klares, einzigartiges Beziehungsangebot, das für das Unternehmen erfüllbar und für die Bezugsgruppen attraktiv ist. Setzen Sie das Beziehungsangebot an allen Kontaktpunkten (Touchpoints) mit Ihren Bezugsgruppen um – online wie offline. Beziehen Sie Ihre Bezugsgruppen in die Aktivitäten des Unternehmens ein.
- Befriedigung immer anspruchsvollerer Bezugsgruppen: Gelungene Beziehungen schaffen Potenzial, über die Produkte hinaus eine starke Position im Wettbewerb zu schaffen – besonders für Dienstleistungen.
- Erhöhung des „Share of Voice“: Ermöglichen Sie Ihren Bezugsgruppen, anderen von ihren Erfahrungen zu erzählen, zum Beispiel durch Teilen über Netzwerke und Communitys. Zufriedene Bezugsgruppen tragen ihre Meinung über das Unternehmen weiter – besonders im Internet.
- Feedback: Digitale Medien ermöglichen ein sofortiges Feedback an und von Bezugsgruppen.
Quellen
statista: Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2016 (in Millionen): http://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/
Sturm, S. (2013): Digitales Storytelling. Eine Einführung in neue Formen des Qualitätsjournalismus. Wiesbaden.
Heijnk, S. (2012): Texten fürs Web: Planen, schreiben, multimedial erzählen: Das Handbuch für Online-Journalisten. Heidelberg.
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