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Von Janita Gall

„Italien ist wie ein Insel“, sagte der PR- Sprecher Luca Virginio vom italienischen Nudelimperium Barilla im September 2013, als Erklärung für die Äußerungen seines Konzernchefs Guido Barilla (55), welcher sich in einem Interview mit dem Sender Radio 24 negativ über homosexuelle Paare geäußert hatte. Gerade in Parma, wo der Konzern seinen Hauptsitz hat, würde man nicht so viel mitbekommen von dem was da draußen in der Welt noch so passiert, so Virginio. Schon komisch. Barilla Nudeln isst man doch auch nicht nur in Parma sondern weltweit.

Er werde nie einen TV-Spot mit Homosexuellen schalten, so Barilla. Sein Unternehmen wolle stattdessen “traditionelle Familien” ansprechen. Typus Frau am Herd also. Ein schrecklich rückwärtsgewandtes Familienbild. Wo doch im 21. Jahrhundert Patchwork-Familien oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften allmählich zur Normalität gehören sollten. Anscheinend jedoch nicht im berlusconigeschädigten, traditionsbewussten und machistischen Italien.

Hintergrund des Interviews war eine Debatte des italienischen Parlaments über Rollen- und Geschlechterklischees in der Werbung. Und als wäre das nicht schon genug. Setzt Barilla noch einen oben drauf und macht das PR-Desaster perfekt: “Wenn Schwule unsere Pasta und unsere Werbung mögen, werden sie unsere Pasta essen. Wenn nicht, essen sie die Pasta von jemand anderem. Man kann ja nicht jedem gefallen, bloß um niemandem zu missfallen“.” Grundsätzlich, so versicherte der Firmenchef weiter, respektiere er aber homosexuelle Partnerschaften: “Sie dürfen alles machen, so lange sie andere nicht stören.” Ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare lehne er aber ab.

Ein großer menschlicher Fehler und ein ebenso großer PR-Fehler, wie sich schon bald heraus stellte.

Was folgte waren diverse Shitstorms auf Facebook und Twitter so wie ein großer Boykottaufruf. Wütende Äußerungen im Netz und Fotos von Barillaprodukten im Mülleimer wurden online gepostet. Auch die anderen italienischen Nudelhersteller reagierten schnell und nutzten die Gunst der Stunde um sich besonders offen und tolerant zu positionieren. So postet Buitoni, einer der Hauptkonkurrenten von Barilla, auf seiner Facebook-Seite ein großes Foto, auf dem die geöffneten Türen einer Villa zu sehen sind, und kommentiert es mit den Worten: “In unserem Haus ist Platz für jeden”. Auch Nudel-Hersteller Garofalo verkündete via Facebook “Die einzigen Familien, die nicht zu uns gehören, sind die, die keine guten Nudeln lieben”. Auch Althea hatte einen schönen Slogan mit passendem Plakat parat. Zwei sich küssende Männer am Mittagstisch mit dem Titel: „Wo Althea ist, ist Familie“.

Barilla hatte wohl nicht die internationale Reichweite und Intensität seiner Äußerungen bedacht und muss nun dafür gerade stehen, oder vielmehr seine PR-Abteilung. Barilla selbst entschuldigte sich zwar später halbherzig – per Pressemitteilung und auch per Videobotschaft, doch zur Neuorientierung des Nudelunternehmens äußerten sich lediglich der Kommunikationschef Luca Virginio und CEO Claudio Colzani. Eine sich um 360 Grad wandelnde PR-Politik im Nudelhaus Barilla ist nun das Ergebnis dieses PR-Desasters. In Zukunft wollen die Italiener in ihrem Marketingkonzept die vielfältigen Lebensweisen mehr berücksichtigen. Im kommenden Jahr will das Unternehmen zudem einen weltweiten Online-Wettbewerb zum Thema Vielfalt anschieben. Nutzer sollen Kurz-Filme einreichen können, die Netz-Gemeinde stimmt dann darüber ab. Eine Jury krönt schließlich den Sieger. Barilla habe sich zudem mehrmals mit Aktivisten in den USA und Italien getroffen hätte. Ein paar dieser Experten sitzen im jetzt gegründeten Diversity & Inclusion Board (Vielfalt und Inklusion), darunter Homosexuellen-Vertreter David Mixner und Ex-Rennfahrer Alex Zanardi, der eine Gold-Medaille bei den Paralympischen Spielen gewann. Ebenso macht der Pastahersteller die Brasilianerin Talita Erickson zum Chief Diversity Officer. Außerdem arbeitet Barilla zukünftig mit der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Campaign zusammen, die einen Corporate Equality Index entwickelt hat, um den Umgang mit Lesben, Schwulen, Bisexuelle und Transgender in Konzernen zu überprüfen.

Na wenn das kein ausgetüfteltes PR-Konzept ist. Für die Zukunft von Vorteil – in Anbetracht der geschehenen Ereignisse wirkt es jedoch eher unglaubwürdig und hinterher geschoben. Die Schadensbegrenzung mag sich dadurch vielleicht eingrenzen lassen. Dennoch ist dieses Kapitel in der Firmengeschichte Barillas eines der düstersten und für immer im Internet abrufbar.