Storytelling im Corporate Publishing ist höchst wirksam

Storytelling im Corporate Publishing bedeutet, den internen und externen Bezugsgruppen Fakten über das Unternehmen gezielt, systematisch geplant und langfristig in Form von Geschichten zu erzählen.

Storytelling ist hervorragend für das Corporate Publishing geeignet: Grund ist, dass sich Geschichten hervorragend eignen, Fakten anschaulich, interessant und besonders glaubwürdig zu vermitteln. Wir lieben Organisationen, die uns mit einer faszinierenden Geschichten unterhalten: Geschichten über den Werdegang, deren Arbeit und deren Leistungen, Geschichten über begeisterte Kunden, Geschichten vom Erfolg.

Storytelling: Des Kaisers neue Kleider (Gärten der Welt, Berlin-Marzahn)

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Durch diese Geschichten lernen wir die Beweggründe von Firmenlenkern kennen, deren Träume und Visionen, deren Erfolge und Misserfolge, deren Zweifel und Gewissheiten. Wir erfahren von Kundenproblemen und wie die Organisation sie löst. Kurzum: Das ist der Stoff, aus dem Geschichten gemacht sind.

Gute Storys fallen auf, sind leicht verständlich und erhalten das Interesse der Bezugsgruppen. Wer hört sie nicht gern: die Geschichte von der Firmengründung in der Garage bis zum Einzug in die Wall Street? Hewlett-Packard, Microsoft und viele andere Unternehmen erzählen sie. Andere Organisationen berichten, wie sie hart für bedingungslose Qualität arbeiten, welche Hindernisse sich in den Weg stellen und wie sie diese überwinden.

Vom Firmengründer Zeiss ist überliefert, dass er Mikroskope wutentbrannt auf den Boden warf, wenn sie nicht seinen Qualitätsansprüchen genügten. Von Bill Hewlett ist bekannt, dass er durch die Fabrikhallen lief, mit jedem Mitarbeiter sprach und immer eine offene Tür für sie hatte – neudeutsch „Open Door Policy“ genannt.  Geschichten behalten wir lange im Gedächtnis und erinnern uns gern an sie. Sie motivieren uns zum Handeln.

Warum Menschen immer offen für Geschichten sind

Wollen Menschen überhaupt neue Geschichten?
Aber sind Menschen überhaupt offen für neue Geschichten: Die Antwort lautet eindeutig: ja! Sie müssen jedoch wichtig sein. Hintergrund: Unser Gehirn muss permanent aus einem riesengroßen Angebot an Informationen auswählen, weil es nicht alle angebotenen Infos verarbeiten kann. Es findet, so Hirnforscher Prof. Ernst Pöppel, eine informatorische ‚Müllbeseitigung‘ statt. Wir nehmen nur das zur Kenntnis, was wichtig ist oder was wichtig sein könnte. Was ist das?

Einerseits das, was uns Schaden und Unwohlsein vorbeugt oder andererseits was unser Wohlbefinden steigert. Wir können daher unser Gehirn überhaupt nicht daran hindern, immer offen für Neues zu sein. Wie es Hirnforscher Manfred Spitzer ausdrückt: „Wir nehmen zwar nicht immer alles wahr, aber wir sind nicht in der Lage, unser Wahrnehmungssystem daran zu hindern, immer so viel wie möglich wahrzunehmen. Konsequenz: Menschen sind grundsätzlich offen für unsere Geschichten, solange sie neu und wichtig sind.

Was Geschichten bedeutend macht

Wichtig sind sie dann, wenn sie jedem einzelnen aufzeigen, wie wir Gefahren vorbeugen und Wohlsein schaffen können.
Formulierungen wie „…in Zukunft“, „nachfolgende Generationen“, „sozial verantwortlich“ sind hierfür erst einmal wenig geeignet, weil die persönliche Wichtigkeit für uns unklar bleibt.

Stattdessen sollte möglichst deutlich werden, warum Nachhaltigkeit ein so gutes Gefühl in uns auslöst, dass wir danach handeln, zum Beispiel Sicherheit, Fürsorge, Entdeckung oder Überlegenheit.

Geschichten schaffen Klarheit

Forscher sind stets auf der Suche nach Dimensionen, die besonders wichtig sind für das Gelingen von Kommunikation. Eine dieser „Superdimensionen“ ist die Klarheit: Wie klar und deutlich ist mein Bild davon, worum es gerade geht? Wie klar ist die Bedeutung? Wie klar das Bild von den Konsequenzen aus meiner Entscheidung? Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen: Je klarer das Image, desto schneller und gezielter die Entscheidungen von Menschen. Kernziel des Corporate Publishing sollte daher sein, Klarheit (Transparenz) herzustellen.

Doch das ist leichter gesagt als getan. Beispiel Innovation: Was genau ist darunter zu verstehen? Warum ist sie wichtig für mich als Bezugsgruppe eines Unternehmens? Hilft sie mir Schaden zu meiden und Wohlbefinden zu finden?

Das Corporate Publishing kann hierüber ein klares Vorstellungsbild erzeugen durch Nutzen der Kernelemente des Storytelling: Welche Menschen sind mit dem Begriff verbunden? Welche Handlungen? Welche Orte/Bühnen sind damit verbinden?

Für Geschichten, Menschen, Orte und Handlungen haben wir übrigens eigene neuronale Netzwerke, die dies verarbeiten. Unternehmen können im Corporate Publishing also auch schwierige, abstrakte Themen am wirkungsvollsten kommunizieren, wenn sie dies in Geschichten tun. Geschichten sind hirngerechte Kommunikation, da sie anschaulich, bewegungsnah und emotional sind.

Innere Bilder besonders verhaltenswirksam

Besonders verhaltenswirksam am Storytelling sind die durch die Geschichten entstehenden inneren Bilder, die spontan vor dem inneren Auge der internen und externen Bezugsgruppen entstehen, wenn sie an das Unternehmen denken. Hirnforscher Prof. Ernst Pöppel sagt, dass wir das bildhafte oder episodische Gedächtnis erreichen müssen, um Menschen zu einer Verhaltensänderung bewegen. Die bisherige Gesundheitsaufklärung spricht aber nur das Faktengedächtnis an. Oder sie verwendet abschreckende Bilder. Beides funktioniert nicht, wenngleich auch aus unterschiedlichen Gründen.

Aufgaben von Storytelling

Gute Storys fallen auf, sind leicht verständlich und halten das Interesse der Bezugsgruppen. Unternehmen erzählen, wie sie hart für Nachhaltigkeit arbeiten, welche Hindernisse sich ihnen hierbei in den Weg stellen und wie sie diese überwinden. Storytelling verfolgt demnach vier Aufgaben:

  1. Es macht auf das Unternehmen aufmerksam.
  2. Es informiert über das Unternehmen, dessen Nachhaltigkeit und Zukunft.
  3. Es löst bedeutende Gefühle aus in den internen und externen Bezugsgruppen.
  4. Es sorgt es dafür, dass die Bezugsgruppen das Unternehmen besser speichern und aus ihrem Gedächtnis leicht und schnell abrufen können.

Hierzu erzählt das Unternehmen von Menschen in diesem Unternehmen und deren Leistungen: Welches Anliegen hat das Unternehmen? Welche Hindernisse stellen sich ihm hierbei in den Weg? Wie erfüllt es dennoch seinen Auftrag? Wie belohnen es die Menschen hierfür?

Wichtiges Element: Konflikt

Wichtiges Element in Geschichten ist der Wandel, in dem sich auch viele Unternehmen befinden. Dieser Prozess lässt sich durch Geschichten hervorragend erzählen. Weiteres wichtiges Element ist der Konflikt: Der Mensch kämpft gegen Angst, Unsicherheit, Unterlegenheit, Wut. Konflikte in den Geschichten des CP könnten sein die Ignoranz von Politikern, Konflikte mit der Gesellschaft oder mit Technik, unterschiedliche Normen und Wertvorstellungen der Bewahrer und Veränderer im Unternehmen. Konflikte beziehen auch die Adressaten ein, indem sie wissen wollen, wie der Konflikt endet.

Ziele von Storytelling

Das Ergebnis von Storytelling ist, dass die wichtigen internen und externen Bezugsgruppen ein klares Bild vom Unternehmen, dessen Nachhaltigkeit und Zukunft entwickeln und sich daraufhin positiver gegenüber dem Unternehmen verhalten: Mitarbeiter setzen sich stärker für ihr Unternehmen ein, wenn sie die Geschichte von der gemeinsamen, erfolgreichen Kampf für Nachhaltigkeit verbindet; Journalisten berichten über jene Unternehmen häufiger, die ihnen interessante Geschichten zu bieten haben. Kunden kaufen im Zweifelsfall eher von Unternehmen, von dessen nachhaltigen Aktivitäten sie überzeugt sind.

Abstraktion als Herausforderung im Storytelling von Nachhaltigkeit

Warum ist Storytelling auch für komplizierte, abstrakte Themen so geeignet? Nehmen wir das Beispiel der Corporate Social Responsibility (CSR): Ökonomie, Ökologie und Soziales sind abstrakte Themen. Ökologie wiederum besteht aus abstrakten Themen wie Klima, Atmosphäre, Arten, Lebensräume, Ressourcen wie Wasser, Boden, Bodenschätze. Dies ist für das Gehirn sehr schwierig zu verstehen, zu lernen und in Handeln umzusetzen. Stattdessen denkt das Gehirn konkret in Bildern, Bedeutungen und Zusammenhängen. Es denkt in Menschen und deren Handeln an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten, was vor Schaden bewahrt oder beiträgt, dass unser Wohlbefinden steigt.

Eine Lösung aus diesem Dilemma ist, in der Kommunikation über Nachhaltigkeit immer auch in Orten, Menschen und Handlungen zu denken. Eine weitere Lösung ist die Erzählleiter der beiden Schweizer Storyteller Marie Lampert und Rolf Wespe: Sie beginnt auf der obersten Sprosse mit dem abstrakten Thema, zum Beispiel Energie. Mit jeder Stufe wird sie konkreter, bis sie bei Kerze und Heizkörper angelangt ist. Gewiss, wir müssen immer wieder den Kontext zu den übergeordneten Themen herstellen, doch hier helfen „Inseln der Verständlichkeit“ im „Meer der Abstraktionen“: Das abstrakte Themen wird durch verständliche Beispiele und Anwendungen erläutert, bevor der Erzähler zu einem weiteren abstrakten Begriff kommen kann.

Was Storytelling nicht ist

Beim Storytelling geht es nicht um Plaudereien und Erfundenes, um Mitarbeiter, Journalisten und Kunden zu täuschen. G’schichteln, wie die Österreicher sie nennen, sind kein Instrument zur Schönfärberei eines Unternehmens. Stattdessen zeigen sie, wofür das Unternehmen steht, welche Visionen es hat und warum die internen und externen Bezugsgruppen das Unternehmen unterstützen sollten. Storytelling beruht auf Daten und Fakten. Unternehmen erzählen Geschichten, die authentisch und glaubwürdig sind.

Geschichten zu erzählen bedeutet auch nicht, immer nur Positives zu berichten: Geschichten bestehen auch aus Problemen und Konflikten. Viele „Success Stories“ von Unternehmen beachten dies nicht, auch daher werden sie unglaubwürdig und langweilig. Sie lassen alles weg, was nicht in das Schema „erfolgreich sein“ passt. Schwierigkeiten, Fehler, Rückschläge, Krisen, und wie sie überwunden oder gemeistert wurden, kommt in solchen Erfolgsstorys nicht vor. Das macht sie unglaubwürdig und langweilig. Dagegen können wir von starken Stories über Nachhaltigkeit nicht genug bekommen. Wir verfolgen sie interessiert, sie lösen starke Gefühle in uns aus und zeigen uns, was wir tun können, um uns nachhaltig gut zu fühlen.

Fazit

  • Geschichten können dem Corporate Publishing grundsätzlich eine neue Qualität verleihen.
  • Sie schaffen Klarheit über das Unternehmen und ermöglichen so schnelle und gezielte Entscheidungen, dass Bezugsgruppen das Unternehmen beim Erreichen seiner Ziele unterstützt.
  • Geschichten sind hirngerecht, weil sie anschaulich, bewegungsnah und emotional sind.
  • Sie erzählen vom Wandel und davon, wie Menschen Konflikte lösen. Dies macht sie wichtig für uns.