Im Internet sehen und hören: na klar! Aber auch riechen, schmecken und tasten? Multisensorische digitale Markenführung geht doch nicht? Oder doch? Es geht!

Dieses Thema werde ich ausführlich in meinem eBook „Digitale Markenführung“ behandeln, das im Dezember 2015 erscheinen wird.

Multisensorische digitale Markenfuehrung

Studien zeigen, dass sich die Markenbotschaft besser in den Köpfen der Konsumenten verankert, wenn diese die Marke multisensorisch wahrnehmen können, also über alle 5 Sinne. Die multisensorische Markenführung hat zur Aufgabe, die Marke über alle Sinne an allen Markenkontaktpunkten zu kommunizieren. Je mehr Modalitäten angesprochen werden, desto wirkungsvoller ist die Markenbotschaft.

Wird eine Markenbotschaft synchron über die Sinnesreize wahrnehmbar gemacht, so hat sie eine verstärkte Wirkung auf den Empfänger. Grundlage für diese Aussage ist das „Multisensory Enhancement“, wonach die synchrone Ansprache aller 5 Sinne die 10fache Wirkung erzeugt.

Hervorragendes Beispiel einer Marke, die alle Sinne anspricht, ist Pullmoll. Produkt und Blechdose sind rund, dieser Kreis findet sich auch um 0 von Pulmoll wieder. Die Kreisform beinhaltet die Markenbotschaft Vollkommenheit, Sicherheit und Vertrauen. Der Name Pullmoll besteht aus den beiden Namensteilen pul und mollis: Pul kommt aus der lateinischen Sprache pulmonal und steht für die Lunge. Das Wort mollis bedeutet weicher Klang. Das Markenversprechen ist „medizinisch, sanft“, der Kompetenzbereich sind die Atemwege. Die Aussprache de Namens besteht aus runden, geschlossenen Lauten im Gegensatz zu Wick, was kurz und scharf klingt.

Multisensorik in digitalen Medien

Die Forschungslandschaft zu den multisensorischen Erlebnissen in digitalen Medien ist noch sehr lückenhaft, kaum erforscht und es gibt kaum verfügbare Literatur. Im digitalen Storytel-ling wird meist davon ausgegangen, dass Markengeschichten nur den Seh- und den Hörsinn ansprechen. Forschungsarbeiten, stellen meist nur einen der fünf Sinn in den Mittelpunkt, was sich durch die Komplexität dieses Themas begründen lässt. Munzinger/Wenhart (2012) konstatieren in ihrer Recherche zum aktuellen Forschungsstand, dass es noch lange Zeit dauern wird bis auch die Sinne Riechen und Schmecken digital vermittelt werden können.

Jedoch zeigt aktuelle Forschung, vor allem aus Neurobiologie, Psychologie und Verhaltenswissenschaften, dass Marken in ihren Brand Stories ganzheitlich multisensorisch und damit emotional kommunizieren können: Im Gehirn gibt es Systeme für jeden Sinn, zum Beispiel das System für Sehen oder das für Fühlen. Diese Systeme sind als Netzwerk angelegt. Jedes Netzwerk hat seine eigenständige Aufgabe, doch alle Systeme kommunizieren miteinander.

Ein Prinzip: multisensorische Holistik

Dies ermöglicht Prinzipien wie das der multisensorischen Holistik: Demnach wird lediglich die Aktivierung eines Sinnesreizes benötigt, um eine komplette multisensorische Erinnerungen in ihrer Ganzheit im Gehirn abzurufen. Beispiel Apfel: Beim Anblick eines Apfels kann man sich vorstellen, wie der Apfel riecht, wie er sich anfühlt und wie man hineinbeißt.

Imagery-Transfer bedeutet, dass Sinneseindrücke aus einer anderen Quelle aktiviert sind: So kann das innere Bild einer Karibiklandschaft allein schon durch die Geräusche von Wellen und Wind entstehen. Radiowerbung für Bier lässt im Konsumenten die Erinnerung an die zugehörigen Bilder und den Geschmack entstehen.

Sinne beeinflussen sich gegenseitig

 

Die Sinne beeinflussen sich gegenseitig: Der erste und zumeist visuelle Eindruck einer Marke kann durch die anderen Sinnesmodalitäten, wie Fühlen, Hören, Riechen und Schmecken verstärkt geschwächt oder verändert werden.

Irradiation meint, dass ein Sinn auf einen anderen Sinn ausstrahlt und die gesamte Wahrnehmung beherrscht:

  • Die Einführung von Plastikkorken bei Sekt führte zu Reklamationen über den Geschmack.
  • Die Untersuchung am Ordinariat für Werbewissenschaft und Marktforschung an der Wirtschaftsuniversität Wien zeigte, dass die Gestaltung von Etiketten auf Weißweinflaschen einen Einfluss auf das Geschmackserlebnis hat.
  • Die Farbe von Margarine beeinflusste deren Geschmack.
  • Bei Kühlschränken strahlte die Innenfarbe auf die wahrgenommene Kühlleistung aus.
  • Die Zigarette Mercedes floppte: Der Name und die silberne Schachtel weckte Assoziationen an eine schwere Zigarette für Männer, doch es handelte sich um eine Leichtzigarette für Frauen. 

Grundsätzlich scheint es also möglich, Geruchsempfindungen, Tast- und Geschmacksempfindungen in digitalen Medien auszulösen. Hierbei sollte das komplexe Wechselspiel der Sinne beachtet werden.