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Die digitale Welt in der Mediaplanung schon vieles verändert und sie wird dies weiter tun. Aber zuerst: Wovon reden wir überhaupt? In vielen Mediaplänen tauchen immer noch die Begriffe „Internet“ und „Online-Marketing“ auf. Dies ist besonders auch mit Blick auf die Zukunft zu eng gefasst: Markenkommunikation mit dem Konsumenten spielt sich mittlerweile stark auch in Handys, Smartphones und Tablets ab. Künftig werden weitere mobile Endgeräte folgen. Doch auch die erweiterte Sicht auf mobile Endgeräte ist zu eng:

Die Mediaplanung kann auch digitale Schauräume nutzen, dreidimensionale Plakate, digitale Litfaßsäulen, die den Zugang zu Informationen ermöglichen oder den Download von Videos und Musikdateien zulassen. Zu den digitalen Medien gehören das Digital Signage am Point of Sale, 3-D-Hologramme, interaktive Bildschirme im Handel, aber auch Techniken wie Augmented Reality und Near Field Communication (NFC). Fazit: Mediaplaner sollten die Begriffe „Internet“ und „Online-Werbung“ durch „Markenkommunikation in digitalen Medien“ ersetzen.

Der Begriff „Internet“ wird durch „Digitale Medien“ ersetzt

Zu den wichtigsten Besonderheiten digitaler Medien gehört deren hochgradige Vernetzung. Dies meint zum einen die Vernetzung von Geräten, Technologien, Diensten und Medienobjekten (Blogs, Videos etc.); zum anderen meint dies die Vernetzung von Nutzern.

Die Vernetzung im und mit dem digitalen Raum hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Drei Beispiele:

  • Medienkonvergenz bedeutet das Zusammenwachsen ursprünglich getrennter Disziplinen wie Print, TV, Radio, Digital.
  • Geräte und Technologien: Menschen mailen mit dem Handy, mit dem Fernseher gehen sie ins Internet und mit dem WWW hören sie Radio. Mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets eröffnen durch Apps und digitale Dienste wie Location Based Services neue Anwendungsszenarien und Multi-Screen-Erlebnisse.
  • Soziale Netzwerke und Sharing-Plattformen ermöglichen neue Formen der Kommunikation, in denen jeder Einzelne Inhalte abrufen, weiterleiten, bewerten, kommentieren und selbst erstellen kann.
  • Vernetzung mit dem Raum außerhalb digitaler Medien: Der digitale Raum ist zunehmend mit dem Raum außerhalb digitaler Medien verbunden.

 

Beispiel Bahnfahrt: In den 70er Jahren las der Reisende ein Buch, er las Zeitungen, Magazinen und Briefen. Sie gehören zwar nach wie vor zum Reisen; neu hinzu gekommen sind Telefone, mp3- und CD-Player sowie Smartphone, mobile Spielekonsole, Tablet, Ebook, Laptop. Dies hat für die Mediaplanung zur Folge, dass nicht mehr erkenntlich ist, ob der Nutzer fernsieht, Bestellungen vornimmt, E-Mails bearbeitet oder im Internet nach Informationen sucht.

Diese Vernetzung erfordert besondere Kenntnisse und Fertigkeiten. Die Beherrschung neuer Technologien, Plattformen, Dienstleistungen und Anwendungen sowie ihre möglichen Verknüpfungen wird immer komplexer.

Wissen über nicht-lineare sondern vernetzte Kommunikation wird grundlegend

Durch hochgradige Vernetzung und den starken Austausch der Nutzer sind Reichweite und Kontaktzahl von Aktionen und Kampagnen nicht mehr ohne weiteres zu ermitteln. Die Währung des Tausend-Kontakt-Preises (TKP) ist schwer zu ermitteln: Woher soll der Mediaplaner wissen, an wie viele seiner Freunde und Mitgieder seiner Netzwerke ein Nutzer die Markenbotschaft weitergeleitet hat – und an wen diese wiederum die Botschaft weiterleiten.

Fest steht: Eine hohe Zahl an direkten Werbekontakten ist keine angemessene Kennzahl mehr, da gerade in der unkontrollierbaren Weitergabe von Markenbotschaften die größten Potenziale stecken. Künftig wird es also darum gehen, Konsumenten anzuregen, Markenbotschaften in deren eigenen sozialen Netzwerken weiter zu geben. Anders ausgedrückt: Mediaplaner stoßen Werbung an, der Rest geschieht eigenständig in Ntzwerken, zum Beispiel durch Mund-zu-Mund-Propaganda („Word of Mouth“).

Zu den weiteren Problemen mit der Berechnung von Reichweite und Kontakte in digitalen Meien gehört die Frage, ob aus einer Kontaktchance (Opportunity to contact; OTC) auch tatsächlich ein Kontakt entstanden ist: Ein Banner auf einer Webseite muss nicht gesehen werden: Erfahrene Nutzer haben gelernt, dass sich auf herkömmlichen Pages die Werbung auf der rechten Seite befindet; daher blenden sie dies aus und blicken nicht mehr dorthin („banner blindness“). Page Views sind daher nicht tatsächlichen Kontakten gleich zu setzen. Ein anderes Beispiel: Webseiten sind oft derart bunt aufgemacht, dass Banner von anderen aufmersamkeitsheischenden Reizen auf der Website kannibalisiert werden.

Klassische Messgrößen der Mediaplanung werden angepasst

Eine weitere Eigenschaft digitaler Medien ist, dass Menschen an nahezu jedem Ort und jeder Zeit erreichbar sind. Dies wird dazu führen, dass immer stärker ortsgebundene und zeitsynchrone Werbung geschaltet werden kann, die den Verbraucher am Point of Sale (POS) und im Stadtgebiet auf aktuelle Angebote in seiner Nähe aufmerksam machen. Erste Studien zeigen bereits, wie relevant die Nähe und die Art des Angebotes sind, damit der Nutzer sie gezielt aufsucht.

Die Mediaplanung wird Situationen und Kontexte stärker berücksichtigen

Künftigt wird in der Markenführung das Interesse am Digital Brand Storytelling steigen, also am Erzählen von Markengeschichten mit Hilfe der Besonderheiten von digitalen Technologien. Gründe für den Anstieg sind vor allem die steigende Bedeutung der Digitalen Markenführung, das weiterhin steigende Interesse am Storytelling sowie aktuelle Forschungsergebnisse über dessen enorme Wirkung.

Für die Mediaplanung bedeutet dies, dass sie drei Einsatzbereiche planen kann: Die Planung kann sich auf ein Medienobjekt beziehen, mehrere Medienobjekte einbeziehen und sich außerhalb digitaler Plattformen fortsetzen.

  • Digitale Medienobjekte: Digitale Medienobjekte meint den Einsatz in YouTube-Videos, Facebook-Sites, Tweets oder Instagramm-Fotos. Im Blog auf der Website von Siemens erzählt Hüseyin Tabak seine Geschichten, die sich „Zwischen den Welten“ abspielt: „Istanbul lebt auf zwei Kontinenten, genau wie Fatih Uma. Als Händler pendelt er zwischen den Welten, Momente der Ruhe findet er auf einer Bosporus-Fähre.“
  • Geschichten über Medienobjekte hinweg: Sie beginnen auf einer Facebook-Seite, setzen sich über Twitter und Foursquare fort und enden in einem Video auf YouTube. Mattel lies seine Geschichten der Rückerobderung von Barbie durch Ken auf einer Website, auf Facebook, Twitter, Foursquare und YouTube.
  • Geschichten online und offline: Beispiel ist eine Markengeschichte, die über mehreren digitale Medienobjekte führt und sich außerhalb der digitalen Medien fortsetzt, zum Beispiel am POS.

Mediaplaner werden künftig stärker inhaltlich im Digital Brand Storytelling denken

Transmedie Brand Storytelling bedeutet, eine Geschichte systematisch über viele Kommunikationskanälen zu erzählen, online wie offline. Im Unterschied zum Cross-Media hat jeder Baustein eine eigenständige Funktion in der Geschichte. Sie müssen aber nicht alle aufgenommen werden, um die gesamte Geschichte zu verstehen. Zum Beispiel kann eine Kampagne umfassen Videos in E-mails, Twitter, Facebook, die auch in Online-Publikationen zu sehen sind, in Print-Medien und im Fernsehen.

Aus Cross-Media wird zunehmend Transmedia

Noch komplexer wird die Mediplanung im internationalen Kontext. Soziale Netzwerke sind weltweit sehr unterschiedlich verbreitet: Bei der Nutzung sozialer Netzwerke sind weit vorn Nordamerika (56 Prozent), gefolgt von Deutschland (44 Prozent),  Brasilien (43 Prozent) und Shanghai mit 48 Prozent. Schlusslicht bildet Russland mit 5 Prozent.

Sind in Europa Facebook und Twitter wichtig, sind dies Weibo in China, Vkontakte in Russland, Orkut in Brasilien Große Kulturunterschiede bestehen auch in der Kommunikation in den sozialen Netzwerken im Hinblick auf Kritik oder Geschäftsgebahren.

International wird die Mediaplanung komplexer durch unterschiedliche Netzwerke

Wie sieht die Zukunft aus? Auch künftig werden sich digitale Technologie stark entwickeln: Ein Beispiel ist Augmented Reality, also die Anreicherung der Wirklichkeit mit Informationen aus digitalen Technologien, wie einer Brille. Zu weiteren technologischen Entwicklungen gehören:

  • 3D-Drucker, die dreidimensionale Werkstücke aufbaut. Der Aufbau erfolgt computergesteuert aus einem oder mehreren flüssigen oder pulverförmigen Werkstoffen nach vorgegebenen Maßen und Formen (CAD).
  • Airwriting ist ein mobiles und am Körper tragbares Interaktionssystem, das es dem Benutzer ermöglicht, Text per Handschrift in einen Rechner einzugeben. Dazu schreiben die Benutzer den Text in die Luft als würden sie auf eine imaginären Notizblock oder eine imaginäre Tafel schreiben.
  • Virtual Reality-Brille, mit der sich zum Beispiel Urlaube simulieren lassen, zum Beispiel ein Strandurlaub in Hawaii.

 

Technologische Entwicklungen führt zu weiterer Komplexität in der Mediaplanung

Durch weitere starke Verbreitung digitaler Technologien werden diese immer wichtiger, vor allem international nehmen die Verbreitung von Internet und mobilen Endgeräten stark zu. Ein Beispiel: Die Verbreitung des Internet in Indien bei 1,3 Milliarden Einwohnern beträgt im Jahr 2013 rund 137 Millionen, das sind 11,7 Prozent der Bevölkerung.

Die starke Ausbreitung digitaler Technologien wird dazu führen, dass sich die Budgets weiter in diesen Bereich verschieben. Nach einer Studie von Forrester Resarch werden Werbetreibende in den USA im Jahr 2016 rund 77 Milliarden Dollar für interaktives Marketing ausgeben – so viel wie derzeit in Fernsehwerbung – dies entspricht einer Steigerung auf 35 Prozent des gesamten Werbebudgets. Forrester prognostiziert weiterhin, dass die Ausgaben für Social Media Marketing um 26 Prozent jährlich wachsen werden (4,99 Milliarden im Jahre 2016). 2016 wird das Investment in Social Media Marketing 6,5 Prozent der interaktiven Marketing-Ausgaben ausmachen (Quelle: Forrester Research Interactive Marketing Forecast 2011 to 2016).

Budgets verschieben sich weiter zu digitalen Medien

Die Konzentration auf Begriffe wie „Digitale Medien“ und „Digitale Technologien“ bergen die Gefahr, zu sehr die technischen Aspekte in den Vordergrund zu stellen. Jedoch ändern sich auch tiefgreifend Rollen, Kultur und Kommunikation. Ein neues Verständnis vom Nutzer und seiner Rolle ist erforderlich. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören:

  • Neues Verhalten: Die klassische Werbung wird eher nebenbei und ohne geringes Interesse aufgenommen, der Verbraucher kann sich zurücklehnen. In digitalen Technologien ist der Nutzer stärker aktiv: Er klickt mit der Maus, was er sehen möchte, er entscheidet, welchem Link er folgt und wie lange er bleibt. Durch das aktive Aufrufen von Informationen verläuft der größte Teil der digitalen Kommunikation als Pull-Kommunikation. Das erforderliche höhere Involvement kann zu höherer Aufmerksamkeit führen.
  • Neue Rollen: Nutzer von digitalen Medien sind nicht nur Rezipienten von Medieninhalten, sondern sie wählen diese aktiv aus, produzieren, gestalten neu, kritisieren und verbreiten. Die Nutzer digitaler Technologien können sogar eigene Inhalte entwickeln: Sie schreiben Episoden oder ganze Geschichten; sie spielen mit, sorgen durch Empfehlungen und Rezensionen für die Verbreitung der Markengeschichten. Dies sollte die Mediaplanung berücksichtigen.
  • Neue Kultur: Der Verlauf der Markenkommunikation ist weniger vorhersehbar und steuerbar als bisher. Folge: Unternehmen müssen Kontrolle aus der Hand geben. Dies kann Sinn machen, wenn die Marke für Spiel und Mitmachen steht; dies kann die Marke essenziell bedrohen, wenn sie für Autorität, Expertentum und Führung steht.
  • Neue Interaktionen: Durch engen Austausch fördern digitale Medien die Kommunikation zwischen Menschen: Sie lernen einander kennen, sie lernen, mit anderen Menschen kreativ zu sein und gemeinsam Geschichten zu entwickeln.

 

Digitale Technologien ändern auch Rollen, Kulturen und Kommunikation

Durch die sich stark entwickelden Technologien, neue Rollen, neue Kommunikatonen wird mehr Wissen und Fertigkeitem erforderlich sein, also Digital Literacy. Alle diese Veränderungen zeigen, dass für den Umgang mit digitalen Technologien spezielle Fähigkeiten und Fertigkeiten erforderlich sind, die ein Unternehmen als „Digital Literacy“ aufbauen sollte, also die Fähigkeit, effektiv und kritisch durch digitale Technologien zu navigieren, bewerten und informieren.

Mediaplanung wird stärker Digital Literacy entwickeln