Im Mittelpunkt der PR stehen schon immer die Beziehungen des Unternehmens zu seinen Mitarbeitenden und Kunden, zu Journalisten und Geldgebern sowie anderen wichtigen internen und externen Bezugsgruppen. Die PR tragen den Begriff Beziehung schon im Namen: Relations.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus meinem Artikel: Herbst, D. G. (2015): Drei Konzepte für die Gestaltung von Beziehungen in den Public Relations. In: Bentele, G./Piwinger, M./Schönborn, G. (Hrsg.): Handbuch Kommunikationsmanagement. Loseblatt (2001 ff.). Köln. Art.-Nr. 2.69

Einleitung

Im Mittelpunkt der PR stehen schon immer die Beziehungen des Unternehmens zu seinen Mitarbeitenden und Kunden, zu Journalisten und Geldgebern sowie anderen wichtigen internen und externen Bezugsgruppen. Die PR tragen den Begriff Beziehung schon im Namen: Relations.

Zum Beispiel definiert Ströh die PR als „Dachfunktion, welche die Kommunikation zwischen einer Organisation und ihrer Öffentlichkeit zusammenhält, um gesunde Beziehungen zum Nutzen aller Beteiligten zu schaffen und zu erweitern“ (Ströh 2007). Für Cutlip, Center und Broom sind die PR „Managementfunktion, die gegenseitige vorteilhafte Beziehungen zwischen einer Organisation und der Öffentlichkeit ausfindig macht, einführt und erhält und von deren Erfolg oder Misserfolg sie abhängt“ (Cutlip/Center/Broom 2009: 5).

Ledingham und Bruning beschreiben die Beziehungen zwischen einem Unternehmen und seiner Öffentlichkeit als „Zustand, der zwischen einer Organisation und seiner Zielgruppen besteht, und deren Handlungen einen Einfluss auf den Zustand der anderen wirtschaftlichen, sozialen, politischen oder kulturellen Einheiten ausübt“ (1998: 62). Die Beziehungen des Unternehmens zu seinen wichtigen Bezugsgruppen stellen somit zentrales Anliegen für PR-Forschung und PR-Praxis dar.

Public Relations als Management von Beziehungen und wichtigen Bezugsgruppen ist eine strategische Management-Funktion, weil sie beeinflussen, ob und wie die Bezugsgruppen die Ziele des Unternehmens unterstützen. Diese Bedeutung von Unternehmensbeziehung führen zu Relationship Management (Ledingham 2003). Der Managementprozess beim Entwickeln von Beziehungen mit Bezugsgruppen ist systematisch und langfristig. Er besteht aus dem üblichen Vorgehen aus Analyse, Planung, Kreation und Kontrolle (Bruhn 2015).

Ziel der Unternehmenskommunikation ist es, im Rahmen von Beziehungen die Bekanntheit des Unternehmens zu gestalten (aufbauen, halten, ausbauen, abbauen) und dessen Image, also alle Vorstellungsbilder, die ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen mit dem Unternehmen verbinden sowie die Bewertung dieses Vorstellungsbildes als Meinungen und Einstellungen. Aufgrund der Bekanntheit und des Vorstellungsbildes vom Unternehmen sind Menschen bereit, das Unternehmen stärker zu unterstützen also ohne (Herbst 2003).

Wirkungsstudien zeigen, dass die Lebendigkeit des Unternehmensimage die Superdimension des Image Management ist (Kroeber-Riel/Esch, 2011; Herbst/Scheier 2004). In der Praxis wird die Klarheit meist mit dem Begriff der „Transparenz“ bezeichnet.

Beziehungen und Bindungen

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts beschäftigen sich unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen mit sozialen Beziehungen. Die Vertreter kommen vor allem aus der Sozial- und Kommunikationspsychologie sowie der Soziologie. Durch viele Studien und Veröffentlichungen, haben sie die Wichtigkeit eines eigenen Forschungsbereiches für soziale Beziehungen aufgezeigt (Duck/Perlman 1985: 23; Heidbrink u.a. 2009: 11).

In der Literatur gibt es zahlreiche Definitionen für den Begriff Beziehung – sie unterscheiden sich im Detailgrad und den Beziehungsmerkmalen: Aus psychologischer Sicht ist eine Beziehung „jede Form eines systematischen und begründbaren Zusammenhangs zwischen Personen, Dingen oder Vorstellungen“ (Asanger/Bliesener 2008: 77). Für den Soziologen Max Weber sind soziale Beziehungen „..ein seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer ..“ (Weber/Winckelman 1980: 13).

Argyle und Henderson ergänzen in ihrer Definition den Aspekt Zeit. „Als Beziehung … bezeichnet man regelmäßige soziale Beziehung mit bestimmten Personen über eine gewisse Zeit hinweg. … In vielen Fällen finden wir Bindung oder gegenseitige Verpflichtung; das bedeutet, dass der andere bei Abwesenheit vermisst und das Ende der Beziehung als schmerzlich und belastend erlebt wird“ (Argyle/Henderson 1990: 12). Döring sieht eine soziale Beziehung zwischen zwei Personen, „wenn diese wiederholt miteinander Kontakt haben, also mehrfach zeitversetzt kommunizieren oder zeitgleich interagieren“ (Döring 2003: 403).

Zusammenfassend bestehen soziale Beziehung demnach:

  • aus einer Dyade,
  • aus (mindestens) einem stabilen Interaktionsmuster,
  • aus Begegnungen, die regelmäßig über einen gewissen Zeit-raum stattfinden,
  • aus einer Verbindung, die über eine (oberflächliche) Bekanntschaft hinausgeht,
  • und aus wechselseitigen Beeinflussungen besteht.

Unterschied zur Bindung

In jeder Beziehung problematisch erscheint der Begriff Beziehung demjenigen, der ihn definieren möchte (Behr 2002).Dies ist besonders deshalb wichtig, weil Beziehung und Bindung oft synonym verwendet wird; jedoch gibt es gravierende Unterschiede (Hockel 2011).

Aus psychologischer Sicht kann eine Beziehung zu vielen Personen bestehen. Sie kann in eine Bindung übergehen. Die Bindung ist eine „eine relativ dauerhafte emotionale Orientierung an eine andere Person“ (Macoby 1980, zitiert nach: Rohmann/Küpper/Schmohr 2006: 5).

Die Bindung gekennzeichnet ist, dass sie emotional bedeutsamer ist und sich von anderen Beziehungen abhebt: Besteht also zu Kollegen, Bekannten und Freunden eine Beziehung, entsteht eine Bindung nur zu wenigen Menschen, denen eine sehr große Bedeutung zukommt, z.B. den Eltern, Geschwistern, sehr guten Freunden oder dem Ehepartner.
Diehl (2009) definiert in ihrer eher im Marketing verankerten Forschung den Begriff der Bindung als „gefühlsmäßiges Band zu einem Fürsorge und Sicherheit bietenden Beziehungspartner“ (Diehl 2009: 54). Das benannte gefühlsmäßige Band drückt aus, dass eine Bindung nicht willkürlich und beliebig eingegangen wird und demnach nicht schnell zu ersetzen ist. Grundannahme ist, dass eine Bindung längerfristig eingegangen wird, um die von Diehl angesprochene Fürsorge und Sicherheit zu erfahren. Eigenschaften einer Bindung sind also der Erhalt von Nähe, ein überdauerndes Band sowie starke Gefühle.

Unterschiede der Beziehungen zu Unternehmen

Trotz der Ähnlichkeiten der Beziehungen von Mensch-Mensch und Mensch-Unternehmen unterscheiden sie sich doch deutlich voneinander (vgl. z.B. Britton 2004: 38): Nach Döring kann die Beziehung zwischen einem Kunden und einem Unternehmen nicht mit einer zwischenmenschlichen Beziehung gleichgesetzt werden, da Kontakt über verschiedene Unternehmensmitarbeiter gepflegt wird. Unternehmen haben im Vergleich zu zwischenmenschlichen Beziehungen ein rein ökonomisches Interesse eine Beziehung zu ihren Kunden auf-zubauen. Das heißt, dass Unternehmen gezielt Methoden und Instrumente anwenden, um Konsumenten auf ihre Produkte aufmerksam zu machen und an sich zu binden. Dieses Verhalten mag auch in einer zwischenmenschlichen Beziehung vor-kommen, dabei handelt es sich jedoch um Ausnahmen. Einige Menschen lassen sich aus bestimmten Gründen (z.B. Armut) hinreißen eine Beziehung ohne Emotionen einzugehen (Döring 2003: 420).

Poggiolini sieht die Grenzen des Managements von Beziehungen: „Beziehungen kann man nicht steuern wie eine Armee, sondern höchstens pflegen wie einen Garten“ (Poggiolini 2008: 5). In zwischenmenschlichen Beziehungen geht es nicht um Strategien und auch nicht um Planungs-, Organisations-, Durchsetzungs- und Kontrollaufgaben. Diese finden sich je-doch im Marketing als Management-Prozess wieder.

Die meisten Forschungsergebnisse beziehen sich auf die Kunden-Unternehmen-Beziehung aus Sicht der Unternehmen. Da Forschungsergebnisse zeigen, dass die Selbsteinschätzung der Unternehmen von der Sicht der Kunden mitunter deutlich abweicht, besteht Bedarf, auch die Perspektive der Kunden zu betrachten, um Strategien und Maßnahmen in das Unternehmen einfließen zu lassen (Ivens 2002: 6). Warum sind Beziehungen so wichtig geworden für Unternehmen?

Bedeutung von Beziehungen in den PR

Um seine Ziele zu erreichen, benötigt das Unternehmen die Unterstützung von Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Zu diesen Menschen stellt das Unternehmen, vermittelt durch Repräsentanten, eine Beziehung her. Daher werden diese Menschen Bezugsgruppen genannt, die Beziehungen folglich Employer Relations, Customer Relations, Media Relations, Investor Relations und Political Relations.

PR wollen im Rahmen dieser Beziehungen auf der Grundlage von Kommunikation ihre Bezugsgruppen für ihr Anliegen gewinnen und motivieren, die Unternehmensziele mit ihrem spezifischen Beitrag voranzutreiben. Beziehungen beeinflussen demnach den Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens (Harrison 2003; Ledingham/Brüning 2000b; Robbins/Barnwell 2002).

Konkret heißt das beispielsweise:

  • Positionierung auf dem Markt und in der Gesellschaft: Immer mehr Unternehmen erkennen das Potential, das Relationship Management zum Einen für die Differenzierung von Wettbewerbern auf dem Markt, zum Anderen auch in der Gesellschaft bietet. In Zeiten gesättigter Märkte und austauschbarer Produkten, sind enge Beziehungen die einzige Möglichkeit für eine klare Positionierung.
  • Beziehungen geben Orientierung: Beziehungen zu den Mitarbeitern ermöglicht diesen, sich ein klares Bild davon zu machen, wofür ihr Unternehmen steht und wie sie selbst zum Erreichen der Unternehmensziele beitragen können.
  • Beziehungen steigern Nähe: Beziehungen außerhalb des Unternehmens sind wichtig, weil mit dem Austausch die emotionale Nähe wächst zu den Kunden, Journalisten und Geldgeber. Je stärker der Austausch, desto besser die Annäherung und gegenseitiges Verständnis.
  • Beziehungen für immaterielle Leistungen besonders wichtig: Besonders für Dienstleister sind die Beziehungen wichtig: Dieser steht meist in direktem Kontakt mit seinen Kunden; zudem gibt es kein physisches Produkt als Ver-trauensanker. Durch gelungene Beziehungen sinkt das wahrgenommene Risiko, vom Dienstleister enttäuscht zu werden. Und: Beziehungen sind einzigartig lassen sich nicht kopieren – im Gegensatz zu vielen Dienstleistungen.
    Immer mehr Unternehmen erkennen diese Potenziale und greifen ihre Beziehungsangebote auch in ihrer Kommunikation auf: „A Brand like a friend“ (Henkel), „Wir lieben Lebensmittel“, (Edeka).

Ein Blick in die Praxis

Wie sieht die Praxis der Beziehungsgestaltung in den PR aus?

  • Sie betreiben keine systematische Öffentlichkeitsarbeit und bieten demzufolge keine Beziehungen an.
  • Sie haben ihr Beziehungsangebot nicht klar formuliert, damit alle Mitarbeitende dieses Angebot konsequent und widerspruchsfrei leben.
  • Sie haben ihr Beziehungsangebot nicht kommuniziert.
  • Sie kommunizieren ein Angebot, leben aber ein anderes: Sie verwenden den Begriff der Partnerschaft, aber weder in Broschüren noch im Internet ist die Partnerschaft erkennbar.
  • Sie unterscheiden sich nicht beim Beziehungsangebot. Beispiel: Heutzutage wollen fast alle Unternehmen „Partner“ für ihre Kunden sein und mit ihnen „auf Augenhöhe“. Ein Problem ist, dass den Beteiligten im Unternehmen völlig unklar ist, was sie konkret mit Partnerschaft meinen und wie sie dies konsequent umsetzen; ein anderes Problem ist, dass viele Firmen Partnerschaften anbieten und dadurch das Interesse der Bezugsgruppen nachlässt.

Die Frage wird daher immer interessanter und auch drängender, wie ein Unternehmen seine Beziehungen beschreiben und wie es diese systematisch gestalten kann.

Beziehungen in Social Media

Eine neue Entwicklung kommt dazu: Immer mehr Unternehmen nutzen die Social Media für ihre Unternehmenskommunikation, wie zum Beispiel Facebook, Twitter und Youtube. Social Media umfassen den Austausch zwischen Menschen (vgl. Herbst 2004). Persönliche Interaktion ermöglicht den Markenvertretern eine persönliche Beziehung zu wichtigen Bezugsgruppen aufzubauen. Dies ist für das Entstehen von Vertrauen essenziell und lädt die Marke emotional auf. User können Inhalte gemeinsam entwickeln, teilen und kommentieren.

Social Media scheinen die perfekten Kanäle für die Gestaltung von Beziehungen in den PR zu sein:

  • Das Unternehmen nutzt Kanäle, die bereits existieren
  • Enorme Reichweite
  • Hohe Nutzung
  • Viele aktive Nutzer suchen nach Unternehmens- und Markeninformationen

Doch die Frage für viele Unternehmen lautet: Welche Beziehung biete ich dort an? Welche ist für die Bezugsgruppen dort belohnend? Was erwarten sie von mir? Firmen wissen: Soziale Netzwerke sind Orte, wo Beziehungen entstehen, aber auch Orte wo sie genauso schnell wieder enden, wie sie begonnen haben (Stegbauer 2011: 252).

Drei Modelle zur Gestaltung von Beziehungen in den PR finden Sie in meinem Beitrag: Herbst, D. G. (2015): Drei Konzepte für die Gestaltung von Beziehungen in den Public Relations. In: Bentele, G./Piwinger, M./Schönborn, G. (Hrsg.): Handbuch Kommunikationsmanagement. Loseblatt (2001 ff.). Köln. Art.-Nr. 2.69