Anforderungen im Digital Leadership: Digital Leadership gilt als die neue Art des Führens in Zeiten der Digitalisierung. Die neuen Anforderungen an Manager füllen lange Listen: Sie sollen agiler sein, innovativer, kreativer. Sie sollen disruptiv denken, fehler tolerieren. Ihr Ego sollen sie abbauen und stattdesssen Moderator für ihre Mitarbeitenden sein. Die zentrale Frage lautet: Wie soll alles dies einem Manager gelingen? Immerhin sind die neuen Anforderungen umfangreich und sie greifen tief in die Persönlichkeit ein. Sorgfältiges, systematisches und langfristiges Vorgehen sind nötig.

Umfangreicher Wandel in der Digitalisierung

Viele Unternehmer meinen immer noch, digitale Transformation bedeute die Umstellung auf neue IT oder gar nur die Einführung von Social Media im Unternehmen. Jedoch ist digitale Transformation viel weitreichender: Was in den 70er Jahren mit Computer und Emails begann, umfasst heute selbstfahrende Autos, intelligente Kühlschränke und 3D-Drucker.

Im Unternehmen sind alle Funktionen von Digitalisierung betroffen: von der Forschung und Entwicklung über Produktion und Marketing, Personalabteilung und Verwaltung. Beispiele sind heute schon die elektronische Rechnungslegung und die interne Kommunikation über das Intranet. Auswirkungen ergeben sich damit für das Gesamtunternehmen, Funktionen/Projekte sowie auf jede und jeden einzelnen Mitarbeitenden. Immer mehr Firmen etablieren neue Strukturen und Prozesse, neue Rollen und Verantwortlichkeiten, neue Formen der Zusammenarbeit. Neue Qualifikationen sind erforderlich – lebenslanges Lernen wird die Regel sein.

Anforderungen im Digital Leadership

Was bedeutet dies für künftige Führung? Welche wichtigen Anforderungen kommen Manager durch die Digitalisierung zu? Einige Beispiele:

  • Konsequentes Ausrichten am Kunden als Haltung: Kunden sind noch anspruchsvoller geworden. Sie können leicht Produkte und Leistungen sowie deren Preise und Verfügbarkeiten im Internet vergleichen – sogar im Laden. Sie erwarten zunehmend individuell auf sie zugeschnittene Produkte und Leistungen.
  • Radikales Denken: Disruptive Geschäftsmodelle, also solche, die eine gesamte Branche verändern wie Uber und AirBnB stellen Bestehendes grundsätzlich in Frage. Erfolgreiche Digital Leader denken demnach drei oder noch besser fünf Schritte voraus. Sie zerstören bestehende Geschäftsmodelle und ersetzen sie durch völlig neue wie Plattformbetreiber Amazon.
  • Disruptive Prozesse anführen können: Wichtig neben Methodenwissen wie Design Thinking und Rapid Prototyping ist das Wissen, wie junge Mitarbeiter ticken, was sie motiviert und wie sie im Unternehmen gehalten werden können; starre Arbeitsmodelle, Anwesenheitspflicht in Büro und Hierarchiedenken werden diese wertvollen Mitarbeiter dagegen wahrscheinlich schnell wieder aus dem Unternehmen treiben.
  • Wissen über die digitalen Trends, die über den Erfolg eines Unternehmens (mit-)entscheiden: Hierzu gehört Basis-Wissen, wie über digitale Technologien wie das Internet der Dinge, zweiseitige Plattform-Märkte und Maschine Learning.
  • Digitales Wissen in eigene Produkte umwandeln: Wer seine Mitarbeiter nicht in einer anregenden, kreativen Innovationskultur motivieren kann, neuartige Produkte zu entwickeln, kommt nicht weit.
  • Enorme Dynamik bewältigen: Die Veränderungen der Unternehmen vollziehen sich aufgrund der exponentiellen Entwicklungen von Technologien immer schneller. Management wird in dieser Dynamik zunehmend schneller und flexibler werden müssen. Dies zeigt sich allein schon an den Reaktionszeiten in den Sozialen Medien.
  • Vernetztes Denken: Digitale Medien und Technologien sind stark vernetzt: Geräte, Plattformen, Technologien, Anwendungen, Medienobjekte sind elektronisch miteinander verbunden, Inhalte beziehen sich aufeinander. Jedes einzelne System (Geräte, Technologien, Anwendungen etc.) und jedes Element in diesen Systemen können vernetzt sein und miteinander kommunizieren.
  • Neue Begriffe und Konzepte verstehen und anwenden: Big Data, Artificial Intelligence, Cloud Computing, Augmented Reality, Virtual Reality, iBeacons, Hologramme, 3D-Printing – solche Begriffe und Konzepte müssen Manager kennen, erklären und Menschen überzeugen, welchen Wert sie dem Unternehmen bringen können.
  • Neue Führungskonzepte umsetzen: Zum Beispiel verschwindet das klassische „Command & Control“-Modell; stattdessen wird stärkere Partizipation der Mitarbeitenden wichtig. Kontrolle ist begrenzt auf Prüfen der Zielerreichung und Analyse von Abweichungen. Solche Kompetenzen sollten sich die Manager aneignen, ständig prüfen, weiterentwickeln und an die hoch dynamischen Entwicklungen anpassen. Die Unternehmenskultur scheint wichtigster Förderer oder Verhinderer der internen Entwicklung zu sein.
  • Neue Kommunikationskompetenz: Ganz offensichtlich ist das Verlagern der Kommunikation in den digitalen Raum – intern und extern. Führungskräfte brauchen Fähigkeiten und Kenntnisse im Umgang mit digitaler Kommunikation („Digital Literacy“).

Fazit: Um die digitale Transformation zu meistern, sollen sich Denken, Fühlen und Handeln von Führungskräften ändern. Die Veränderungen betreffen die Fachkompetenten, aber auch die Methoden- und Sozialkompetenzen. Ganz gravierende Veränderungen also. Die zentrale Frage lautet: Wie sollte ein Manager alles dies erreichen können? Was ist hier überhaupt leistbar?

Sorgfältiges, systematisches und langfristiges Vorgehen essenziell

Ich möchte meine Antwort an zwei Beispielen aufzeigen der Fehlertoleranz und der Machtabgabe durch Führungskräfte aufzeigen:

Der Umgang mit Fehlern ist nach Erkenntnissen der Psychologie tief in unserer Persönlichkeit verankert. Nach Prof. Julius Kuhl von der Universität Osnabrück stellt der Umfang mit Fehlern eines von vier Funktionssystemen des Gehirns dar Überdies haben die meisten Manager und Mitarbeitenden im Lauf des Jahre gelernt und immer wieder schmerzlich erfahren, dass Fehler zu machen im Unternehmen hart bestraft wird. „Fehlertolerant zu sein“ scheint nicht ohne weiteres möglich.

Ein anderes Beispiel: Macht abgeben. Die Frage lautet, ob ein Manager dies überhaupt will: Macht abgeben: Warum? Zahlreiche Studien zeigen, dass Manager zuerst eigene Ziele anstreben und erst danach die Ziele des Unternehmens. Eine Sammlung dieser Studien findet sich in den Publikationen von Prof. Jeffrey Pfeffer von der Stanford University.

Fazit: Vergleicht man nun die Liste der geforderten Fähigkeiten und Fertigkeiten mit den möglichen persönlichen Entwicklungen scheint erst einmal bedächtigs Vorgehen angesagt:

  • Sammeln: Welche Kompetenzen sollte ein Manager für sein Aufgabengebiet entwickeln? Fehlertoleranz in der IT und der Produktion werden seltener erforderlich sein als im Marketing.
  • Priorisieren: Wichtigkeit und Dringlichkeit der Veränderungen bestimmen. Nicht alle Fähigkeiten und Fertigkeiten sind auf einmal erforderlich.
  • Persönliches Entwicklungsprogramm erstellen: Wie sieht dass langfristiges Trainingsprogramm konkret aus? In welchen Schritten wird die Führungskraft die erforderlichen Kompetenzen erwerben?

Ganz wichtig ist auch, die Frage der Motivation vor der Befähigung zu prüfen: Was nützt es dem Unternehmen, wenn es Führungskräfte in die Weiterbildung schickt, die überhaupt nicht motiviert sind?

Fazit

Die Digitalisierung erfordert eine neue Art des Führens. Diese neue Art des Führung erfordert umfangreiche Qualifikation der Führungskräfte. Diese sollte sorgfältig geplant sein, um nicht zu überfordern. Im Zentrum steht die bedarfsgerechte Förderung der Fach-, Methoden und Sozialkompetenzen nach einem systematischen und langfristigen Entwicklungskonzept.

Autor

Prof. Dr. D. Georg Adlmaier-Herbst ist anerkannter Berater, Trainer und Redner für Unternehmen, Organisationen und Personen im In- und Ausland. Er ist Honorarprofessor und Scientific Director der Forschungsstelle „Berliner Management Modell für die Digitalisierung (BMM )“ am Berlin Career College der Universität der Künste Berlin. Er ist Gastprofessor an der Jiao-Tong-Universität in Shanghai (China) und an der Lettischen Kulturakademie in Riga. Er unterrichtet außerdem an der Universität St. Gallen (Schweiz). Er ist Mitglied der „Academy of international Business“. 2011 wurde er von der Zeitschrift „Unikum Beruf“ zum „Professor des Jahres“ gewählt. Herbst hat 20 Bücher über Marketing und Unternehmenskommunikation geschrieben.

Prof. Dr. Georg Adlmaier-Herbst (Copyright: karriere tutor. GmbH)

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